Trojanow, Ilija: Der Weltensammler
Kurzkritik – Was meinen Sie? – Ausführliche Besprechung – Infos
Roman
Hanser (2006), dtv (2007)
Inhalt:
Der britische Offizier Sir Richard Burton ist einer der seltsamsten Menschen des an exzentrischen Figuren reichen 19. Jahrhunderts: Anstatt in den Kolonien die englischen Lebensgewohnheiten fortzuführen und jede Anstrengung zu vermeiden, lernt er wie besessen die Sprachen des Landes, vertieft sich in die fremden Religionen und reist zum Schrecken der einheimischen Behörden anonym in diesen Ländern herum. So betritt er, in Indien zum Islam konvertiert, als einer der ersten Europäer unerkannt die heiligen Stätten von Mekka und Medina; und er reist zu den Quellen des Nils eine seelische und körperliche Zerreißprobe, die zum Zusammenbruch führt. (Pressetext)
Kurzkritik:
Dieses Buch ist ein Glücksfall. Ilija Trojanow hat sich vom britischen Forscher, Offizier, Konsul, Übersetzer und Orientalisten Sir Richard Francis Burton zu einem literarischen Abenteuerroman inspirieren lassen, der sich dem Leben dieses Menschen annähert, ohne irgendwann zu der verbindlichen Aussage zu kommen: Genauso war der.
Werner gibt (4,5 von 5 Eselsohren)
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Glücksfall
Dieses Buch ist ein Glücksfall. Ilija Trojanow hat sich vom britischen Forscher, Offizier, Konsul, Übersetzer und Orientalisten Sir Richard Francis Burton zu einem literarischen Abenteuerroman inspirieren lassen, der sich dem Leben dieses Menschen annähert, ohne irgendwann zu der verbindlichen Aussage zu kommen: Genauso war der.
Trojanow allerdings war, wie seine Reisebücher belegen, tatsächlich in Indien, “Arabien” und “Westafrika” (samt Ägypten) und beschreibt diese Stationen von Burtons Reisen so, dass man als LeserIn beinahe zu der Überzeugung gelangt, zumindest ebenfalls dort, wenn nicht dabei gewesen zu sein.
Phänomen Burton
Burton hat in Indien für die Briten spionierte, später verkleidet – und wahrscheinlich konvertiert – an der Pilgerreise nach Mekka und Medina teilgenommen und schließlich versucht, die Quelle des Nil zu entdecken. Trojanow schildert diese Abenteuer abwechselnd auktorial (was in diesem Fall “all-vermutender Autor” bedeuten müsste) und in meist direkter Rede von Einheimischen, die ebenfalls versuchen, dem Phänomen Burton auf die Spur zu kommen.
Am Schluss ist man sich nicht einmal sicher, ob Burton wirklich zum muslimischen Glauben übergetreten ist. Aber das macht nichts – dafür hat man ein sinnliches Buch gelesen, das einem viel zu denken gibt. Und zu schmunzeln. Und zu staunen.
Von Werner Schuster
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Ilija Trojanow, 1965 in Sofia geboren, floh mit seiner Familie 1971 über Jugoslawien und Italien nach Deutschland, wo sie politisches Asyl erhielt. 1972 siedelte die Familie nach Kenia über. Von 1985 bis 1989 studierte Trojanow Rechtswissenschaften und Ethnologie an der Universität München, später gründete er hier den Kyrill & Method Verlag sowie den Marino Verlag. 1998 zog Trojanow nach Bombay, 2003 nach Kapstadt. Seine Bücher wurden mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet, unter anderem erhielt er 2006 den Preis der Leipziger Buchmesse für den Roman ›Der Weltensammler‹ (dtv 13581) und 2009 den Preis der Literaturhäuser sowie den Würth-Preis für Europäische Literatur. Zurzeit lebt Ilija Trojanow in Wien.
Wien und die Welt (Interview mit Trojanow im HVB-Anzeiger; 2008)
Über Ilija Trojanow bei Wikipedia.
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