27/08/2007von 560 Views – 0 Kommentare

Gospodinov, Georgi: Natürlicher Roman

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CoverRoman
Aus dem Bulgarischen von Alexander Sitzmann
Droschl (2007)
Inhalt:

Georgi Gospodinov hat mit dem Natürlichen Roman einen der erstaunlichsten und bewegendsten Romane rund um einen Ehebruch geschrieben, der, obwohl außerordentlich unterhaltsam, auf der Höhe literaturtheoretischer Debatten steht und gleichzeitig mit viel Sinn für Schabernack sein Spiel mit ihnen treibt. (Pressetext)

Kurzkritik:

Da spielt einer augenzwinkernd “postmodernen Roman schreiben” und ist ein fabulier-freudiger Osteuropäer. Das ergibt ein vergnügliches Buch und bereitet auch Intellektuellen Freude.

Werner gibt  ★★★★☆  (4 von 5 Eselsohren)

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Besprechung:

Flaschenpost

Da spielt einer augenzwinkernd “postmodernen Roman schreiben” und ist ein fabulier-freudiger Osteuropäer. Das ergibt ein vergnügliches Buch und bereitet auch Intellektuellen Freude.

Georgi Gospodinov lässt uns nicht im Unklaren darüber, was er vorgehabt hat: Einen Roman aus lauter Anfängen zu schreiben: “Er” (der Anfang; Anm.) “wird nur den ersten Anstoß geben und taktvoll genug sein, sich in den Schatten des folgenden Anfangs zurückzuziehen und die weiteren Verbindungen der Helden untereinander dem Zufall zu überlassen. Das würde ich einen natürlichen Roman nennen.” – Aber besteht dieser Roman wirklich aus lauter Anfängen?

Eine Scheidung

Im Großen und Ganzen geht es um eine Scheidung, weil die Frau des Ich-Erzählers – da glauben wir noch an einen Ich-Erzähler – ein Kind von einem anderen Mann bekommt. Gleich darauf ist von jemandem die Rede, der sich während einer Rezession von seinem halben Monatsbudget einen Schaukelstuhl kauft. Und dann taucht ein Redakteur auf, dem das Manuskript, das wir lesen, ohne Absender und Nennung des Autors zugesendet worden ist. Er findet diesen, einen in einem Schaukelstuhl sitzenden Obdachlosen, der denselben Namen hat wie er: Georgi Gospodinov. Später tauchen die Sätze auf: “Wie ist der Roman heute möglich, wenn uns das Tragische versagt ist? … Wenn nur der Alltag existiert … in der kräftezehrenden Mysteriosität von vernichtenden Zufällen.”

Seemannsgarn

Und während wir nicht und nicht erfahren, wieso die Ehe tatsächlich gescheitert ist, spinnt uns Gospodinov eine Art Seemannsgarn, mit viel See, mit viel Garn, und wie ohne Kapitän. Alles torkelt auf uns zu wie Flaschenpost, diese “Briefe“ sind – wir ahnen es – miteinander verbunden. Doch von wem und wovon wird das alles zusammengehalten, diese Streiflichter auf bulgarische Verhältnisse, auf Fliegen und ihre Bibel, auf Katzen, auf Gott, auf das Rauchen, auf das Gleichgewicht der Welt, auf Naturforschung, auf – ah, ein Fingerzeig! – Lyotards “Postmoderne für Kinder” etc.?

Gegen Ende zu scheint der Roman formal und inhaltlich vollends zu zerfließen, bis im “letzten Epigraph” folgerichtig von massenhaft verschwinden die Rede ist. – Danke, liebe(r) Erzähler, das hat Spaß gemacht. Und das einzige, was man Gospodinov vorwerfen könnte, hat er selbst – in einer Anmerkung über Proust – natürlich schon längst vorweggenommen: “Aber auch er konnte nicht der Versuchung zu fabulieren widerstehen.”

© Wiener Zeitung/extra (2007)

Von Werner Schuster

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Infos:

Georgi Gospodinov wurde 1968 in Jambol in Bulgarien geboren, studierte Bulgarische Philologie in Sofia, redigiert seit 1993 eine Literaturzeitung, ist Kolumnist der Tageszeitung Dnevnikund arbeitet am Literaturinstitut der Bulgarischen Akademie der Künste.

Über Georgi Gospodinov bei Droschl.

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Literaturmagazin Eselsohren – 

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