12/09/2007von 1.291 Views – 1 Kommentar

Engelmann, Bernt: Wir Untertanen

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Buchcover Engelmann Wir UntertanenSachbuch
Bertelsmann, Fischer, Steidl
(1974)
Inhalt:

“Wir Untertanen” ist Bernt Engelmanns kritische, zutiefst demokratische Darstellung eines Jahrtausends deutscher Vergangenheit. Er schreibt Geschichte von unten, steht auf der Seite des Volkes, bezieht klare Position, wenn es um die großen Männer und ihre vermeintlich großen Taten geht, die immer mit dem Schweiß und dem Blut der Namenlosen errungen wurden. (Pressetext)

Kurzkritik:

Vielleicht ist dieses Geschichtsbuch auch heute noch (und nicht nur) für die Jugend interessanter als: Immer nur Kaiser und Könige, die von dann bis dann regiert haben und nur Kriege führten und Schlachten schlugen.

Werner gibt  ★★★★☆  (4 von 5 Eselsohren)

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Besprechung:

Wannenbad in Sierra Leone

Jetzt ergeht es Bernt Engelmann vielleicht schon wie Joß Fritz, Johann Jacoby und August Bebel, über die er zu Beginn seines deutschen Anti-Geschichtsbuches schrieb, dass die Jugend mit ihren Namen nichts mehr anfangen könnte: Sein ehemaliges Standardwerk “Wir Untertanen” gibt es derzeit nur antiquarisch.

Darin betrieb Engelmann Geschichte von unten. Zuerst versetzte er uns in die Lage von Bewohnern des westafrikanischen Freiheitsstaates Sierra Leone des Jahres 2074 und beschrieb das letzte Drittel des 19. Jahrhunderts folgendermaßen: Es war eine für unser Land überaus glückliche Zeit des wachsenden Wohlstands und des dauerhaften Friedens. … Man trieb viel Sport, vor allem Tennis, Golf, Cricket und Polo. … Dabei hielt man, auch bei größter Hitze, setets auf korrekte Kleidung. … Obwohl niemand körperliche oder schmutzige Arbeit tat, nahmen alle, arm oder reich, täglich mindestens ein Brause- oder Wannenbad.

0,02 Prozent

So, das heißt aus der Sicht der Reichen und Mächtigen, wird für gewöhnlich auch unsere Vergangenheit dargestellt. Nur, wusste Engelmann zu ergänzen, lebten in Sierra Leone zu jener Zeit allerhöchstens 0,02 Prozent der Bevölkerung so. Die anderen (d.h. die Eingeborenen) waren unbeschreiblich arm, wurden entsetzlich ausgebeutet und waren nahezu rechtlos.

Und wie war es, vom Beginn des Mittelalters bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges als Untertan in Deutschland zu leben? Das kann man ziemlich günstig, nämlich schon ab 0,01 Euro, in Erfahrung bringen. Und vielleicht ist das auch heute noch (und nicht nur) für die Jugend interessanter als: Immer nur Kaiser und Könige, die von dann bis dann regiert haben und nur Kriege führten und Schlachten schlugen.

Von Werner Schuster

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Infos:

Bernt Engelmann (1921–94) war einer der engagiertesten Autoren der Bundesrepublik. Er stand in der Tradition jener kritischen und aufklärerischen Publizistik, wie sie in Deutschland von Heinrich R Heine, Johann Jacoby (1740-1814) und Carl von Ossietzky (1889-1938) geprägt wurde. Als junger Mann schloss sich Engelmann dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus an und wurde 1944/45 in Konzentrationslagern inhaftiert. Nach dem Krieg arbeitete er als Journalist u.a. beim Spiegel, ehe er ab den 1960er Jahren als freier Schriftsteller einem breiten Publikum bekannt wurde. In seinen Tatsachenromanen und Sachbüchern zur Gesellschaft der Bundesrepublik und zur deutschen Geschichte kritisierte er scharf die wirtschaftlichen und politischen Machtverflechtungen sowie die untergründigen Kontinuitäten zwischen den Eliten des Dritten Reichs und denen der Bundesrepublik. Von 1972 an bezog Engelmann mit seinen diversen Schwarzbüchern u.a. zu Helmut Kohl (*1930) und Franz Josef Strauß (1915-88) gegen die Unionsparteien Stellung. In den Jahren 1977-84 war Engelmann Vorsitzender des Verbands deutscher Schriftsteller.

Über Bernt Engelmann bei Wikipedia.

1 Kommentar zu "Engelmann, Bernt: Wir Untertanen"

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