Schaar, Peter: Das Ende der Privatsphäre
Kurzkritik – Was meinen Sie? – Ausführliche Besprechung – Infos
Sachbuch (Politik)
C. Bertelsmann, 2007
Goldmann TB, 2009
Inhalt:
Die rasante Entwicklung der Informationstechnologien geht einher mit einem wachsenden Kontrollbedürfnis. Peter Schaar warnt vor der Tendenz, den Einzelnen als Risikofaktor zu betrachten, der beobachtet, registriert und bewertet werden muss. Er skizziert, wie sich demokratische Staaten aus Angst vor Angriffen von außen und vor den eigenen Bürgern zu Überwachungsgesellschaften entwickeln. Ohne unser Wissen werden immer mehr Daten von uns im Internet gesammelt, zu „Profilen“ verarbeitet und zu wirtschaftlichen und Informationszwecken ausgewertet. Passdaten sollen weitergegeben werden, private PCs werden von Geheimdiensten durchsucht. Ein brisantes Gemisch, das unsere Demokratie im Kern bedroht. (Pressetext)
Kurzkritik:
Schaar begnügt sich nicht damit, die Überwachungsmöglichkeiten in wirklich jedem Lebensbereich zu beschreiben, er stellt auch Überlegungen an, wie die Privatsphäre noch zu retten wäre. Mehr als “Ansätze zur Um- und Durchsetzung ethischer Standards für die Informationsgesellschaft” kann er redlicherweise nicht bieten. Damit sind zwar wieder “die Politik” und ein paar einschlägige Organisationen am Zug, doch wer dieses notwendige Buch gelesen hat, wird sich wahrscheinlich nicht mehr darauf verlassen, dass mit seinen/ihren Daten schon nichts passieren wird, sondern auf die Einhaltung seiner/ihrer Grundrechte mehr Acht geben als zuvor.
Werner gibt (4 von 5 Eselsohren)
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Naivität ade
Vielleicht geht es ja einigen anderen ähnlich wie mir: Ich habe mein “1984” gelesen und bin zwar hellhörig, wenn ich von Überwachung und Beeinträchtigung der Privatsphäre höre, weiß sogar, was die “Big Brother Awards” sind, aber im Großen und Ganzen habe ich mich darauf verlassen, dass “die Politik” und ein paar einschlägige Organisationen sich darum kümmern, dass ich nicht allzusehr überwacht werde.
Doch kaum hatte ich Peter Schaars “Das Ende der Privatsphäre” zu lesen begonnen, hatte ich den Eindruck, dass die Nachrichten, die vom “Weg in die Überwachungsgesellschaft” künden, nur so auf mich einstürmten. Und es gab keine News und auch keine Rechtfertigung für diverseste staatliche Übergriffe, auf die ich von diesem deutschen Datenschutzexperten nicht vorbereitet worden wäre.
Nun hat Schaar kein reißerisches Buch geschrieben, ganz im Gegenteil. “Das Ende der Privatsphäre” ist kein hysterisches Pamphlet, sondern, obwohl viele Details gewiss auch erschrecken können, um sachliche Information bemüht.
Staatliches Hacking
Das fängt bei den digitalen Spuren an, die wir im Internet hinterlassen, und hört beim “staatlichen Hacking” noch lange nicht auf (wie es erst letzte Woche von der österreichischen Regierung beschlossen wurde). Oder ist allgemein bekannt, dass Finanztransaktionen innerhalb Europas von US-Behörden eingesehen werden? Macht man sich Sorgen, wenn einem die Krankenkassen Leistungsabrechungen schicken und also Daten über unseren jeweiligen Gesundheitszustand sammeln? Will man wirklich wissen, was mit diesen Daten alles angestellt werden könnte? Schließlich “sind die Sozialleistungsträger mit Abstand diejenigen staatlichen Institutionen, die am meisten über die Bürger wissen”. Und: So fein eGovernment auch ist, führt die Automatisierung ganzer Verwaltungsabläufe denn doch “zu immer umfangreicheren, rasch abrufbaren Datensammlungen”.
Ist die Privatsphäre noch zu retten?
Schaar begnügt sich nicht damit, die Überwachungsmöglichkeiten in, so mein Eindruck, jedem Lebensbereich zu beschreiben, er stellt auch Überlegungen an, wie die Privatsphäre noch zu retten wäre. Mehr als “Ansätze zur Um- und Durchsetzung ethischer Standards für die Informationsgesellschaft” kann er redlicherweise nicht bieten. Damit sind zwar wieder “die Politik” und ein paar einschlägige Organisationen am Zug, doch wer dieses notwendige Buch gelesen hat, wird sich wahrscheinlich nicht mehr darauf verlassen, dass mit seinen/ihren Daten schon nichts passieren wird, sondern auf die Einhaltung seiner/ihrer Grundrechte mehr Acht geben als zuvor.
Von Werner Schuster
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Peter Schaar ist seit 2003 Bundesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit.
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