Kukovica, Franc: Als uns die Sprache verboten wurde
Kurzkritik – Was meinen Sie? – Ausführliche Besprechung – Infos
Erinnerungen
Aus dem Slowenischen übersetzt von Traudl Pasterk
Hardcover: Drava, 2008
(2006)
Inhalt:
Wer zu Hause “Windisch” spreche, fragt der Oberlehrer, zugleich Ortsgruppenleiter der NSDAP. Beklemmendes Schweigen, niemand in der Klasse rührt sich. Bis einer der wiederholten Aufforderung nachkommt und wortlos auf drei Mitschüler zeigt. Einer von diesen erinnert sich sechzig Jahre später an seine Kindheit zurück. An die Zurücksetzungen und Demütigungen, an seine Angst und seinen Stolz. Denn so jung er war, hatte er schon teil an Dingen, von denen niemand etwas wissen durfte. (Pressetext)
Kurzkritik:
Leider wird in diesem Buch der historische Hintergrund der Kärntner Slowenen als bekannt vorausgesetzt, und wer gar nichts über diese Volksgruppe weiß, wird “Als uns die Sprache verboten wurde” als das lesen, was dieses Buch auch ist: anschaulich geschriebene Erinnerungen an eine Kindheit im Krieg (mit Bombenangriffen und “Krieg spielen”) und ein Bericht über Menschen und Kämpfer im Widerstand.
Werner gibt (3,75 von 5 Eselsohren)
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Partisanenkind
Franc Kukovica war knapp sechs jahre alt, als Hitlerdeutschland im März 1938 die Republik Österreich besetzte. Der spätere Lehrer und Schulleiter an einer zweisprachigen Volksschule in Kärnten hat mit etwa 75 Jahren seine Erinnerungen an die Kriegszeit niedergeschrieben und zwar klar und einfach, überhaupt nicht polemisch oder gar kämpferisch.
In Österreich leben Slowenen als sprachliche Minderheit überwiegend in Südkärnten und sind dort seit dem 6. Jahrhundert ansässig. Bei der Volksabstimmung 1920 stimmten mindestens 10.000 Slowenen für Österreich, dennoch war die 1. Republik kaum minderheitenfreundlich. Nach dem Überfall des nationalsozialistischen Deutschland auf Jugoslawien 1941 erfolgten Repressalien gegen die Slowenen sowie Aussiedlungen, die ein Übergreifen der slowenischen Partisanenbewegung auf Kärnten zur Folge hatten.
Der Schule verwiesen
Als erstes Zeichen des Anschlusses bemerkte Kukovica, dass man im Radio keine tschechische Musik mehr spielte, bald darauf durften die Slowenen ihre Sprache nicht mehr sprechen und der Sechsjährige wurde von seinem Lehrer der Schule verwiesen (zumindest für kurze Zeit). Sein Vater jedoch hörte daheim BBC auf Deutsch, versorgte die slowenischen Partisanen mit Informationen und hielt an seiner Arbeitsstätte für sie auch Sammlungen ab.
Der Sohn hilft ihm dabei, und bald lässt sich der Vater von den Partisanen “entführen”, um seine Familie nicht zu belasten. Erst nach dem Krieg sieht Kukovica seinen Vater wieder. Da regieren in Südkärnten kurz die Partisanen, bis sie von den Engländern abgelöst werden.
Ziel Groß-Slowenien
Leider wird in diesem Buch der historische Hintergrund der Slowenen als bekannt vorausgesetzt, und wer gar nichts über diese Volksgruppe weiß, wird “Als uns die Sprache verboten wurde” als das lesen, was dieses Buch auch ist: anschaulich geschriebene Erinnerungen an eine Kindheit im Krieg (mit Bombenangriffen und “Krieg spielen”) und ein Bericht über Menschen und Kämpfer im Widerstand.
Wer weiß, dass es in Kärnten immer noch ein Problem ist, zweisprachige Ortstaffeln aufzustellen, wird in diesem Buch eher indirekt auf Gründe dafür stoßen. Und wem bekannt ist, dass etwa der Kätntner Abwehrkämpferbund immer noch behauptet, der Partisanenkampf sei “einzig und allein auf das Ziel gerichtet gewesen, ganz Kärnten im Rahmen eines Groß-Sloweniens an das kommunistische Jugoslawien anzuschließen”, der wird verstehen, warum sich Kukivica verpflichtet gefühlt hat, seine Erinnerungen festzuhalten, “weil manche in unserem Lande den Partisanenkampf gegen den Nazismus noch heute bis zur Unkenntlichkeit zu entstellen versuchen”.
Von Werner Schuster
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Franc Kukovica, geboren 1933 in Blasnitzen/Plasnica, Gemeinde Eisenkappel-Vellach/elezna Kapla-Bela (Kärnten/Koroka). Nach dem Zweiten Weltkrieg Lehrerausbildung in Ljubljana. Arbeitet acht Jahre in einer Fabrik, da ihm die Ausübung seines Berufes in Kärnten verwehrt wird. Ab 1963 bis zu seiner Pensionierung Lehrer und Schulleiter an der zweisprachigen Volksschule Sittersdorf/itara vas. Zahlreiche minderheitenpolitische, fachliche und kulturelle Aktivitäten.
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