Zeit für ein Gedicht #6
Am 8. Juni ist der große Lyriker Peter Rühmkorf gestorben. Nachlässe gibt es zur Zeit allerorts zu lesen (etwa in der FAZ, in der taz und in der Süddeutschen). Ich möchte an ihn mit einem seiner Gedichte erinnren:
Elegie
Gruß aus Köln – die bleiche Trauerkarte,
die am Rand noch grad die Fassung wahrt,
würde- und bedeutungsvoll:
ah-was-soll
all das dämliche Getanke und Gestarte
für das bißchen Fahrt?Staub zu Staub und Schaum zu Schaum:
Diese Knöchel oft umschlossen,
dieser Hintern tief geliebt,
haltlos durch ein Totenhemd gesiebt,
ausgeflossen
in den sterneleeren Kofferraum.Efeu schleppt sich lautlos durch die Jahre;
immergrün und unbegrenzt
deckt er diesen früh entschlafnen Schoß;
knochenlos
trete ich vor deine Abendbahre,
zart wie ein Gespenst.Hark ich dir die Erde vom Gesicht,
laß die Blumen von den Ketten
– himmelstrebend, hochgehanft –
Dich in mein entfliehendes Gedicht
u m z u b e t t e n
(Ruhe sanft!)
Da ist Silber – da ist Gold – ist Licht.
Aus “Walther von der Vogelweide, Klopstock und ich” , Rowohlt, 1975
Erhältlich bei Amazon
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