Zum Beispiel Büchner, Teil 2
Wie ist es Herrn Büchner nach der Veröffentlichung des Hessischen Landboten ergangen?
Ein Spitzel hatte die Polizei über die brisante Schrift informiert, woraufhin Büchners Kommilitone Karl Minnigerode verhaftet wurde. Was Büchner und seine Kumpane nicht daran hinderte, nicht konfiszierte Exemplare weiter zu verbreiten und sogar eine veränderte Neuauflage zu drucken.
Mach dir keine Sorgen, Mutti
Ihm selbst passiert vorderhand – nichts. Er flüchtet aus dem Großherzogtum Hessen und schreibt seinen Eltern, dass er mit der Sache nichts zu tun und das Land nur zufällig ohne Pass verlassen habe.
Letzteres war zu jener Zeit leicht möglich:
Valerio: Teufel! Da sind wir schon wieder auf der Grenze; das ist ein Land, wie eine Zwiebel, nichts als Schaalen, oder wie ineinandergesteckte Schachteln, in der größten sind nichts als Schachteln und in der kleinsten ist gar nichts.
Das wird Büchner zwei Jahre später (d.i. 1836) in „Leonce und Lena“ dichten (welchem Werk wir uns ansonsten später widmen). Doch vorerst verbringt er den Sommer und dann auch den Winter 34/35 bei seinen Eltern und wird von der Polizei vorgeladen und wieder entlassen. Als er jedoch abermals vorgeladen wird, ergreift er die Flucht (aber bloß ins nahe Straßburg). Danach erst wird er steckbrieflich gesucht.
Zuvor aber schreibt er geschwind noch „Dantons Tod“. Worum geht‘s? Um Revolution, natürlich. Genauer: die französische. Aber es ist kein – wie man annehmen könnte – verklärendes Theaterstück geworden, sondern spielt zur Zeit der Schreckensherrschaft, die nur ungenügend mit dem Bonmot „Die Revolution frisst ihre Kinder“ beschrieben wird (– der Nationalkonvent beschloss im September 1793 die Einführung von Terrormaßnahmen zur Unterdrückung aller „konterrevolutionären“ Aktivitäten, was insgesamt etwa 35.000 bis 40.000 Todesopfer forderte).
Ein Flüchtling braucht Geld
Als unser aller Georges Danton sich für ein Ende der Schreckensherrschaft einsetzte, wurde er vom bösen Robespierre nicht nur gestürzt, sondern nach kurzem Prozess vor dem Revolutionstribunal als vermeintlicher Revolutionsgegner verurteilt und guillotiniert.
„Dantons Tod“ schreibt jemand innerhalb von fünf Wochen, der bis dahin ein paar schlechte Jugendgedichte verfasst hatte. Dann schickt er das Manuskript an den Schriftsteller und Journalisten Karl Gutzkow mit der Bitte um rasche Veröffentlichung. Er verheimlicht nicht, dass er Geld für die geplante Flucht braucht.
Das bekommt er dann heimlich von seiner Mutter. „Dantons Tod“ erscheint „dennoch“ im Druck, stark gekürzt zwar und galt bis frühestens 1902 als unspielbar. Erst dann wurde das Stück in Berlin uraufgeführt.
Und wir hetzen dem Schaffensdrang des 22-jährigen Herrn Büchner hinterher, der 1835 noch zwei Dramen von Victor Hugo übersetzt sowie die Erzählung „Lenz“ schreibt und eine Abhandlung über das Nervensystem der Fische.
Doch vorerst beruhigen wir uns erst einmal. Bis nächste Woche.
© Von Werner Schuster
Fortsetzung folgt.
Infos
Diese Links gehen zu Wikipedia:
Französische Revolution
Danton
Robbespierre
Karl Gutzkow
„Dantons Tod“ ist abrufbar bei Projekt Gutenberg sowie erschienen z.B. bei Anaconda und erhältlich bei amazon.de // buecher.de // buch24.de // libri.de.
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- von: Werner
- was: Porträts
- wer/wie/wo: Deutschland (AutorIn)
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Erstaunliche Geschichte. Es stellt sich fast die Frage, welches der beiden Schicksale interessanter ist: Büchners oder Dantons. Wobei ein Tod unter der Guillotine wohl immer etwas spektakulärer ist..