14/12/2009von 441 Views – 0 Kommentare

Pagano, Emmanuelle: Die Haarschublade

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Buchcover Harrschublade
Roman
Erschienen 2009 bei Wagenbach
Aus dem Französischen von Nathalie Mälzer-Semlinger
Originalausgabe: „Le tiroir à cheveux“, 2005
Inhalt:

Mit der Schule war natürlich Schluss, als das erste Kind zur Welt kam. Ihre Chance auf ein normales Leben dahin. Nun arbeitet sie als Aushilfe in einem Friseurgeschäft, um etwas Geld dazu zu verdienen, und auch, um sich dem Alltag mit Titouan und Pierre wenigstens vorübergehend zu entwinden. Außerdem mag sie Haare, nicht nur die ihrer Söhne. In diesem Buch stellt sich Emmanuelle Pagano erneut einem existenziellen Thema: Minimalistisch, präzise und pur erzählt sie die Geschichte einer Liebe ohne Echo. (Pressetext)

Kurzkritik:

Seltsam. In der „Zeit“ wird Emmanuelle Paganos Roman Beiläufigkeit und Teilnahmslosigkeit attestiert, weswegen „Die Haarschublade“ keine Empörung transportiere. – Mir war das Buch wiederum zu betulich und disparat. Aber vielleicht läuft das auf dasselbe hinaus.

Mir scheint nämlich, dass Pagaono mit einem Roman überfordert war, der von einer jungen Mutter erzählt, die mit einem behinderten Kind überfordert ist.

Werner gibt  ★★½☆☆  (2,5 von 5 Eselsohren)

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Besprechung:

Überfordert

Seltsam. In der „Zeit“ wird Emmanuelle Paganos Roman Beiläufigkeit und Teilnahmslosigkeit attestiert, weswegen „Die Haarschublade“ keine Empörung transportiere. – Mir war das Buch wiederum zu betulich und disparat. Aber vielleicht läuft das auf dasselbe hinaus.

Mir scheint nämlich, dass Pagaono mit einem Roman überfordert war, der von einer jungen Mutter erzählt, die mit einem behinderten Kind überfordert ist.

Anfangs liest er sich wie die Geschichte einer Alleinerzieherin in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg. Plötzlich befinden wir uns in der Gegenwart und aus dieser Frau wird ein rebellisches Mädchen, das ihr erstes Kind von einem Buben bekommt, den sie verlässt, bevor er es tut, das ihre Schwangerschaft verheimlicht, indem es sich den Buch fest zusammenbindet, was wahrscheinlich die Behinderung des Babys verursacht. Das zweite Kind dürfte gezeugt worden sein, als sie von einer Gruppe Burschen vergewaltigt wurde (was sie anscheinend gleichgültig hinnimmt).

Irgendwie

Und dann haben wir wieder eine etwas tranige Frau vor uns, die Freude daran findet, anderer Leute Haare zu berühren, die konsequenterweise Gehilfin bei einem Friseur wird. Viel Anerkennung bekommt sie dort nicht, aber verabschiedet wird sie ganz rührselig.

Sie kündigt nämlich, weil ihre Mutter, die sich die meiste Zeit um das behinderte Kind gekümmert hat, dieses in ein Heim geben will. Zuerst erschrickt die Protagonistin darüber, dann erklärt sie sich einverstanden, doch plötzlich beschließt sie, sich ab sofort ganz und gar um ihre Kinder zu kümmern, auch um jenes teilnahmslose, das ihr bisher eigentlich ziemlich gleichgültig gewesen ist.

Dass sie auf dem Amt erfährt, dass sie gar kein Sorgerecht für ihre Kinder hat, ändert irgendwie nichts an ihrem Entschluss.

Flucht vor einer Ersatzhandlung

Das ist schlicht, aber treffend erzählt, und hätte Pagano keinen erläuternden Epilog hinzugefügt, so hätte ich weiterhin gedacht, ein absichtlich ambivalentes Buch gelesen zu haben. Doch das Buch ist von einer realen Person inspiriert, welche Pagano dafür bewunderte, ein verbotenes Kind gemacht zu haben, „das sabberte und sich den gesamten Himmel in die Augen zwängte. Ich spürte auch Scham, weil schließlich, der Arme.“

Und geschrieben hat Pagano diese Geschichte, damit sie „endlich sagen kann, er ist schön, dein Sohn“. Nun, dazu hätte sie sich dessen Behinderung zumindest künstlerisch annähern müssen (anstatt über die Mutter zu schreiben). Es wäre natürlich auch möglich gewesen, sich dieser Behinderung real zu stellen und dann einen Roman draus zu machen. Oder auch keinen Roman.

Dass Literatur Ersatzhandlung sein kann, ist ja nichts Neues, aber ich habe wissentlich noch kein Buch gelesen, das das Ergebnis der Flucht vor einer Ersatzhandlung war. Und so verwundert es mich nicht, dass man „Die Haarschublade“ für beiläufig und teilnahmslos oder/und betulich und disparat ansehen kann. Oder was auch immer.

Von Werner Schuster

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