Sebald, W. G.: Austerlitz
Kurzkritik – Was meinen Sie? – Ausführliche Besprechung – Infos
Roman
Erschienen 2003 bei dtv
als Hardcover 2001 bei Hanser
Inhalt:
Austerlitz, der seit vielen Jahren in London lebt, ist kein Engländer. In den vierziger Jahren ist er als jüdisches Flüchtlingskind nach Wales gekommen. Der Junge wächst bei einem Prediger und seiner Frau heran, und als er nach vielen Jahren seine wahre Herkunft erfährt, weiß er, warum er sich als Fremder unter den Menschen fühlt. (Pressetext)
Kurzkritik:
Es wäre ja noch angegangen, dass Herr Austerlitz lebensunfähig war, aber um uns dies zu beschreiben, bedurfte Sebald eines Erzählers, der kein Mitleid hat und keine Gefühle zeigt und von sich so gut wie gar nichts preisgibt, also bloß ein „objektiver“ Chronist ist, dem Austerlitz, an verschiedenen Orten über einige Jahre hinweg, von sich berichtet, ohne wohl selbst zu wissen warum. Zwei Beziehungsunfähige unter sich.
Muss man noch erwähnen, dass die in diesem 2001 (!) erschienenen Text sporadisch auftretenden Frauenfiguren mit einer leicht dirnigen Ausnahme allesamt sehr mütterlich sind?
Werner gibt (2,5 von 5 Eselsohren)
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Männer unter sich
Eine Weile habe ich dieses Buch genossen, die langen unkomplizierten Schachtelsätze, die nüchtern-lyrische Sprache, die Lebensgeschichte des Antihelden Jacques Austerlitz, die mich interessierte, obwohl sie ziemlich uninteressant erzählt ist.
Austerlitz ist in den vierziger Jahren als jüdisches Flüchtlingskind nach Wales gekommen und bei einem Prediger und seiner Frau herangewachsen. Nach vielen Jahren erfährt er seine wahre Herkunft, lebt lange wie betäubt weiter, bis er sich nach einer Krise auf die Suche nach seinen Ahnen macht und zumindest sein Kindermädchen findet, das ihm vom schrecklichen Schicksal seiner Eltern erzählt. Doch auch, als er weiß, woher er kommt und stammt, wird Austerlitz seines Lebens nicht mehr froh, kann aber auch nicht trauern um seine von den Nazis umgebrachten Eltern.
Totstellen
Geschrieben ist das wie eine Mischung aus Albert Drach, Thomas Bernhard und Gerhard Meier, wobei mir der winzige Meier-Anteil, also eine gewisse Sinnlichkeit und/oder Empfindsamkeit, naturgemäß am meisten zugesagt hat, gefolgt von einer Abart des Drach‘schen Protokollstils. Bernhards selbstgenügsamen Weltenhass mag ich, auch vom Original, nicht, selbst wenn sich der hier als sentimentaler Weltschmerz ausgibt, wie er etlichen männlichen Künstlern eignet.
Soll heißen: Nach und nach ist mir mit „Austerlitz“ langweilig geworden, bald war ich des Buches auch überdrüssig und gegen Ende zu immer mehr verärgert. Ach herrje! Wenn Männer einen Schnupfen haben, fühlen sie sich todkrank, hörte ich einige Frauen ausrufen, die mich mal gepflegt hatten, und füge hinzu: und wenn sie wirklich Probleme haben, dann stellen sie sich tot.
Mutti!
Es wäre ja noch angegangen, dass Herr Austerlitz lebensunfähig war, aber um uns dies zu beschreiben, bedurfte Sebald eines Erzählers, der kein Mitleid hat und keine Gefühle zeigt und von sich so gut wie gar nichts preisgibt, also bloß ein „objektiver“ Chronist ist, dem Austerlitz, an verschiedenen Orten über einige Jahre hinweg, von sich berichtet, ohne wohl selbst zu wissen warum. Zwei Beziehungsunfähige unter sich.
Muss man noch erwähnen, dass die in diesem 2001 (!) erschienenen Text sporadisch auftretenden Frauenfiguren mit einer leicht dirnigen Ausnahme allesamt sehr mütterlich sind?
Von Werner Schuster
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W.G. Sebald, geboren 1944 in Wertach, ging nach dem Studium in die Schweiz und dann nach England. Sein Werk wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter im Jahr 2000 mit dem Joseph-Breitbach-Preis und dem Heinrich-Heine-Preis. W.G. Sebald starb 2001
Über W.G. Sebald,
über Albert Drach, über Thomas Bernhard, über Gerhard Meier bei Wikipedia.
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