23/07/2010von 1.059 Views – 0 Kommentare

O‘Donnell, Peter: Modesty Blaise im 3er-Pack

KurzkritikWas meinen Sie?Ausführliche BesprechungInfos

Buchcover

  • „Die Goldfalle“ – „Operation Säbelzahn“ – „Ein Hauch von Tod“
  • Thriller
  • Taschenbuch (Unionsverlag, 2010)
  • Aus dem Englischen von Rudolf Hermstein
  • Originalausgaben: „The Impossible Virgin“, 1971; „Sabre-Tooth“, 1966; „A Taste for Death“, 1969


Inhalt:

Modesty Blaise jung, sexy, clever und als Kopf der Verbrecherorganisation „Das Netz“ zu Reichtum gekommen führt seit ihrem Rückzug aus der Unterwelt ein Leben des luxuriösen Müßiggangs und wohnt in einem schicken Londoner Penthouse. Trotzdem geraten sie und ihr treuer Gefährte Willie Garvin immer wieder Hals über Kopf in die wildesten Abenteuer, die sie nur dank überragender Kampftechnik, genialem Improvisationstalent und nicht selten einer gehörigen Portion Glück überleben.

Kurzkritik:

Was aber macht für mich das Lesevergnügen so groß, abgesehen von Handlung und Einfallsreichtum? Einerseits der Stil, die Eleganz, das britische Understatement und der trockene Humor in der Sprache, andererseits die lebendigen, glaubwürdigen, dreidimensionalen Figuren: Beides verbindet sich zu einer sehr kulinarischen Mischung der Krimikochkunst.

Doch am faszinierendsten ist für mich, dass der „Retro-Schick“ einer charmanten, topmodisch gekleideten und sehr emanzipierten Lady aus den 60er-Jahren, die detailreiche Beschreibung damals hochmoderner technischer Errungenschaften – heute längst passé – und die Anwendung damals ebenso unorthodoxer Waffen und Methoden, ganz ohne Handy und Internet, mich noch immer fesseln können – genauso wie damals, in den 70er-Jahren, als ich die Romane zum ersten Mal las.

Eva gibt  ★★★★¾  (4,75 von 5 Eselsohren)

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Besprechung:

Retro, cool and very british

Unlängst unterhielt ich mich mit einem Freund über den so genannten „MacGuffin“. Und darüber, wie bedeutungslos es sei, wen oder was dieser darstelle, solange nur der Film gut sei. (Anmerkung: MacGuffin ist der von Alfred Hitchcock geprägte Begriff für mehr oder weniger beliebige Objekte oder Personen, die in einem Film meist dazu dienen, die Handlung auszulösen oder voranzutreiben, ohne selbst von besonderem Interesse zu sein.) Ob das auch für Bücher gelte, fragte ich meinen belesenen Freund. Da sei er sich nicht sicher, es handele sich doch um ein dramaturgisches Mittel aus dem Film.

Eindeutig MacGuffins

Mitten in der Nacht rief ich ihn an (das geht, er ist ein Nachtmensch), weil mir eingefallen war, in welchen Büchern eindeutig MacGuffins vorkommen, die nicht nur die Handlung aufs Trefflichste vorantreiben, sondern auch Gustostückerln der Erzählkunst darstellen, die ich mir auf meiner verwöhnten Krimizunge zergehen lassen möchte. Und zwar immer wieder. Deshalb habe ich alle „Modesty Blaise“ gelesen – alle! Mehrmals und mit gleich bleibender Freude und Begeisterung.

„Modesty Blaise“ wurde 1963 von Peter O‘Donnel als Comicfigur geschaffen und, nach einem erfolglosen Abstecher zum Medium Film, 1965 auch zur Romanfigur.

Mit nicht einmal 30 zur Ruhe gesetzt

Modesty Blaise, eine geheimnisvolle Schönheit unbestimmter Herkunft und Alters, zieht sich mit etwa 26 aus dem Geschäft zurück, nachdem sie die internationale Verbrecherorganisation „Das Netz“ jahrelang als (sehr junge) Frau geleitet hat. Sie ist reich, geachtet, erfolgreich, gebildet und unabhängig, ebenso wie ihr Seelenfreund und früherer Geschäftspartner Willie Garvin, der sich ebenfalls als gemachter Mann in England zur Ruhe setzt, auch er noch keine 30.

Sie brauchen Gefahr, Abenteuer und Nervenkitzel

Hier beginnt die Geschichte, als Sir Gerald Tarrant, ein hohes Tier im britischen Geheimdienst, die beiden um ihre Mithilfe bei einem verzwickten Fall bittet. Er hat Glück, denn Modesty und Willie ist ihr Luxusleben langweilig geworden, sie brauchen Gefahr, Abenteuer und Nervenkitzel, um sich lebendig zu fühlen, und dass sie, auch wenn sie „auf der richtigen Seite“ kämpfen, nach wie vor hervorragende Kontakte zur Welt des organisierten Verbrechens halten, erweist sich natürlich als Vorteil.

Originelle Handlungen, interessante Bösewichter

So entstanden elf Romane und zwei Bände mit Kurzkrimis (inzwischen vergriffen bis auf vier Romane, die der Unionsverlag herausgebracht hat) mit originellen Handlungen, interessanten Bösewichten und höchst einfallsreichen MacGuffins. Eine meiner Lieblingsfiguren ist Luzifer, der – gefangen in seiner Wahnwelt und im Glauben, er sei der Teufel – eine für geschickte Verbrecher höchst nützliche Gabe besitzt: Er kann den Zeitpunkt des Todes von Menschen mit großer Wahrscheinlichkeit voraussagen. Mit diesem Wissen lässt sich wunderbar erpressen, und schon haben wir einen großartigen MacGuffin für einen spannenden Modesty-Blaise-Roman.

Fesselnder „Retro-Schick“

Was aber macht für mich das Lesevergnügen so groß, abgesehen von Handlung und Einfallsreichtum? Einerseits der Stil, die Eleganz, das britische Understatement und der trockene Humor in der Sprache, andererseits die lebendigen, glaubwürdigen, dreidimensionalen Figuren: Beides verbindet sich zu einer sehr kulinarischen Mischung der Krimikochkunst. Doch am faszinierendsten ist für mich, dass der „Retro-Schick“ einer charmanten, topmodisch gekleideten und sehr emanzipierten Lady aus den 60er-Jahren, die detailreiche Beschreibung damals hochmoderner technischer Errungenschaften – heute längst passé – und die Anwendung damals ebenso unorthodoxer Waffen und Methoden, ganz ohne Handy und Internet, mich noch immer fesseln können – genauso wie damals, in den 70er-Jahren, als ich die Romane zum ersten Mal las. Intelligente MacGuffins veralten nicht und verlieren über die Jahre nichts von ihrer Kraft.

Neuübersetzung? Warum?

Als ich von einer Neuauflage und textlichen Überarbeitung einiger der vergriffenen Romane hörte, freute ich mich einerseits sehr, denn die Originalausgaben gehören leider nicht mir, sondern besagtem belesenen Freund. Andererseits hatte ich Angst um die wunderbar stimmige, unterkühlte und ironische Erstübersetzung; Angst, dass die textliche Überarbeitung („Neuübersetzung? Warum, um Himmels Willen?“) aus der trockenen, spritzigen und eleganten Sprachmelodie ein modernisiert-flapsiges „Actionsprech“ machen würde. Ich habe drei der neu aufgelegten Romane gelesen und war erleichtert: Ich habe so gut wie nichts von einer Überarbeitung bemerkt, obwohl ich aufgepasst habe; also wurde diese es sehr gut gemacht.

Ein lang anhaltender Genuss

Kennen Sie das, wenn ein Gericht so gut schmeckt, dass man sich den besten Bissen bis zum Schluss aufhebt? Wie soll ich sagen: Dieses Gefühl, sich wohlverdient über das Beste hermachen zu können, hat man nicht erst am Schluss eines Modesty-Buches, sondern während der ganzen Lektüre. Also ein lang anhaltender Genuss. Und erst die saftigen MacGuffins –

Von Eva Schuster

–––

„Die Goldfalle“: Modesty Blaise zieht die Gefahr an wie das Licht die Motten. Obwohl ihr Partner Willie Garvin und sie sich aus der Organisation „Das Netz“ zurückgezogen haben, werden beide immer wieder in Verbrechen verwickelt. Diesmal tappen sie in die „Goldfalle“, als ein russischer Fachmann für Satellitenfotografie in Afrika ermordet wird. Modesty Blaise kommt bei ihren Nachforschungen dem skrupellosen Gangsterboss Brunel in die Quere und ein spannendes Katz-und-Maus-Spiel beginnt.

„Operation Säbelzahn“: Über Modesty Blaise und Willie Garvin braut sich etwas zusammen. Kunstraub, Kasinobetrug in Beirut, Entführung in Portugal – noch kann sich Modesty aus jeder verzwickten Lage befreien. Aber dann werden sie und Willie von einem eiskalten Schurken in ein entlegenes Tal in Afghanistan verschleppt, wo sie als Kommandeure einer privaten Armee einen Überraschungsangriff auf Kuwait vorbereiten sollen. Nur eine tollkühne Aktion kann die beiden noch retten.

„Ein Hauch von Tod“: Beim Perlentauchen in der Karibik rettet Willie Garvin einer jungen, blinden Frau das Leben. Zum selben Zeitpunkt soll Modesty Blaise in die algerische Wüste reisen, wo eine archäologische Ausgrabung nichtso vonstatten geht, wie sie sollte. Das sieht zunächst nach einem Routineauftrag aus, doch bald wird klar, dass Modesty und Willie es mit besonders ausgekochten Schurken zu tun haben. Als Willie von den übersinnlichen Fähigkeiten der hübschen, blinden Dinah erfährt, ist es schon fast zu spät. Modesty und Willie müssen in einem atemberaubenden Finale all ihre Künste aufbieten, um zu gewinnen.

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auch einzeln erhältlich:„Die Goldfalle“ // „Operation Säbelzahn“ // „Ein Hauch von Tod“
sowie „Die Klaue des Drachen“
 
Infos:

Peter O‘Donnell, geboren 1920, gestorben 2010, war der Erfinder von „Modesty Blaise“, ursprünglich einer Comicfigur. Die Serie, die erstmals 1963 in der Londoner Zeitung „Evening Standard“ erschien, wurde zum Welterfolg. Neben den Comicszenarios schrieb Peter O‘Donnell auch elf nicht minder erfolgreiche Romane mit Modesty Blaise.

Mehr über Peter O‘Donnell bei Wikipedia, mehr über Modesty Blaise auf www.sayyide.de.

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