Goldman, Francisco: Die Kunst des politischen Mordes
Kurzkritik – Was meinen Sie? – Ausführliche Besprechung – Infos
- Hardcover
- 512 Seiten
- Erschienen 2011 bei Rowohlt
- Aus dem Englischen von Roberto de Hollanda
- Originalausgabe: „The Art of Political Murder. Who killed Bishop Gerardi?“, 2007
Inhalt:
Guatemalas schockierendster Mord: Wer tötete den Bischof? Die Aufdeckung der Verbrechen der guatemaltekischen Armee bezahlte Bischof Juan Gerardi mit dem Leben. Das Mordmotiv soll verschleiert werden. Doch mutige Richter und Anwälte kämpfen für Gerechtigkeit. Francisco Goldman rekonstruiert einen wahren Fall, spannend wie ein Kriminalroman. (Pressetext)
Kurzkritik:
Vor fast 13 Jahren wurde ein Mann umgebracht, der etwas zur Bewältigung des entsetzlichen Bürgerkriegs in Guatemala beitragen wollte. Bis heute weiß man nicht, wer den Befehl dazu gegeben hat.
Goldmans Buch beschreibt aber nicht nur mittelamerikanische Zustände. Es zeigt etwa auch, wohin – in diesem Fall von der US-Außenpolitik initiierte – Destabilisierung einer jungen Demokratie führen kann, was an Unfassbarem passieren kann, wenn ein Militärapparat allzu mächtig wird oder auch regiert (und von außen Unterstützung erhält), dass sich die schrecklichen Grausamkeiten in (Bürger-)Kriegen weltweit gleichen, und wie mühevoll, beinahe unmöglich der Weg der Vergangenheitsbewältigung sein kann.
Werner gibt (4,5 von 5 Eselsohren)
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Wenn das Militär regiert
Wie geht ein „gelungener“ politischer Mord vonstatten? – Dem Regime gefährliche Menschen werden umgebracht und man lässt die Morde so aussehen, als hätten sie private Gründe; damit kann man auch die Opfer diskreditieren.
Ende April 1998 wurde guatemaltekische Bischof Juan Gerardi ermordet. Er hatte eine Aufarbeitung der Verbrechen der Armee an der Zivilbevölkerung während des Bürgerkrieges inittiert (– in 30 Jahren sind 150.000-250.000 GuatemaltekInnen ums Leben gekommen). Zwei Tage vor Gerardis Ermordung war der Bericht erschienen.
Falsche Fährten
Die Tat ist mit hoher Wahrscheinlichkeit von ranghohen Militärs durchgeführt worden. Diese legten einige falsche Fährten: So inszenierte man den Mord als Verbrechen aus homosexueller Leidenschaft. Oder man versuchte zu „beweisen“, Gerardi wäre von einem Hund totgebissen worden.
Francisco Goldmann, Sohn einer guatemaltekischen Mutter und eines amerikanischen Vaters, berichtete für das Magazin „New Yorker“ über den Mord und seine Hintergründe. Er recherchierte auch nach dem Erscheinen des Artikels weiter und lieferte mit seinem 2007 erschienenen Buch eine penible Darstellung der Arbeit der ErmittlerInnen, der Staatsanwaltschaft und der RichterInnen ab, die drei Offiziere angeklagt und verurteilt haben.
Nicht völlig glaubwürdige Zeugen
Goldman schrieb unter anderem auch über – nie zu 100 Prozent glaubwürdige – Zeugen, die zu ihrer Sicherheit alle außer Landes gebracht werden mussten. Und im 2010 beigefügten Nachwort erfährt man unter anderem, dass man den Hintermännern des Attentats über zehn Jahre danach immer noch nicht auf die Spur kommen konnte.
Das liegt zum Großteil daran, dass ErmittlerInnen, Staatsanwaltschaft und RichterInnen mittels Morddrohungen eingeschüchtert wurden und werden. Es bedurfte schon großen Mutes, in Guatemala – erstmals in der Geschichte – Militärangehörige überhaupt von einem Zivilgericht zu verurteilen.
Mittelamerikanische Zustände?
Goldmans Buch beschreibt aber nicht nur mittelamerikanische Zustände. Es zeigt etwa auch, wohin – in diesem Fall von der US-Außenpolitik initiierte – Destabilisierung einer jungen Demokratie führen kann, was an Unfassbarem passieren kann, wenn ein Militärapparat allzu mächtig wird oder auch regiert (und von außen Unterstützung erhält), dass sich die schrecklichen Grausamkeiten in (Bürger-)Kriegen weltweit gleichen, und wie mühevoll, beinahe unmöglich der Weg der Vergangenheitsbewältigung sein kann.
Vor fast 13 Jahren wurde ein Mann umgebracht, der etwas zu dieser Bewältigung beitragen wollte. Bis heute weiß man nicht, wer den Befehl dazu gegeben hat.
Von Werner Schuster
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Francisco Goldman ist der Sohn einer guatemaltekischen Mutter und eines amerikanischen Vaters. Seine Romane „Das gestohlene Leben der Flor de Mayo“ und „Estebans Traum“ waren u.a. Finalisten für den PEN/Faulkner Award und wurden in zehn Sprachen übersetzt. Goldman lebt abwechselnd in New York und Mexico City. Er lehrt Literatur am Trinity College in Hartford, Connecticut, und arbeitet als Journalist für große US-Zeitungen. Ferner ist er Präsident des amerikanischen PEN.
Bei Wikipedia: Über Juan José Gerardi Conedera und den Guatemaltekischen Bürgerkrieg.
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