Koeppen, Wolfgang: Das Treibhaus
Kurzkritik – Was meinen Sie? – Ausführliche Besprechung – Infos
- Hardcover
- 245 Seiten
- Erschienen 2010 bei Suhrkamp
- Erstmals 1953 erschienen
Inhalt:
Bonn, im März 1953: Die Tage der Debatte um die Wiederbewaffnung und den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur Europäischen Verteidigungsgemeinschaft werden für den SPD-Bundestagsabgeordneten Keetenheuve zum Fiasko: Er, ein skeptischer Träumer und zu Melancholie und Verzweiflung neigender Idealist, muß erleben, wie sein Glaube an die Demokratie zerrieben wird und seine von Beginn an unglückliche Ehe mit einer um viele Jahre jüngeren Frau scheitert. (Pressetext)
Kurzkritik:
Heute gilt „Das Treibhaus“ als einer der ersten großen Romane der damals noch jungen Bundesrepublik, der sich mit dem muffigen Restaurationsklima im Adenauer-Deutschland beschäftigte. Zusammen mit „Tauben im Gras“ (1951) und „Der Tod in Rom“ (1954) bildet er Koeppens so genannte „Trilogie des Scheiterns“, welche sich auch für einen Rückblick oder eine (erste) Auseinandersetzung mit der Nachkriegs-Vergangenheit eignet.
Werner gibt (4,5 von 5 Eselsohren)
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Der Nachkriegsdeutschland-Roman
Seine Koeppen-Werkausgabe hat der Suhrkamp-Verlag mit „Das Treibhaus“ fortgesetzt. Der Text dieser Ausgabe folgt – im Unterschied zu allen auf die Erstausgabe folgenden Drucken – zum ersten Mal wieder dem Erstdruck. Die späteren Abweichungen betreffen stilistische oder inhaltliche Korrekturen, welche des öfteren „obszöne“ Worte betreffen. (In der Ausgabe der Suhrkamp BasisBibliothek sind alle Texteingriffe einzeln nachgewiesen.)
Damit sind wird schon bei der Rezeption des 1953 erschienenen Romans, zu der es – wie auch zur Entstehungsgeschichte – im Anhang dieses Bands ausführliche Angaben gibt. In den ersten Kritiken war etwa zu lesen: „Porno-politischer Nihilsmus“, „Was Koeppen nicht weiß, ist, dass eine Art wiederwärtig pseudorevolutionärer Pubertät überlebt ist“ oder „Es ist, als sei ein Fieberkranker durch die Straßen Bonns gegangen und hätte überall nur die üblen Seiten gesehen und diese ungemein vergröbert“.
Wiederaufrüstung
Worum geht es im „Treibhaus“? – Der 1933 aus Deutschland nach Kanada emigrierte Felix Keetenheuve kehrt 1945 nach Deutschland zurück, engagiert sich politisch als Sozialdemokrat, wird 1949 ins Parlament gewählt, scheitert in seinem politischen Kampf gegen die Wiederbewaffnung und ertränkt sich schließlich im Rhein.
Historischer Hintergrund ist also das von 1949 bis 1956 geführt heftig diskutierte Thema der Wiederaufrüstung der Bundesrepublik Deutschland. „Das Treibhaus“ wurde und wird auch als der Versuch angesehen, die „politische Kultur der jungen Bundesrepublik in ihrer Tiefenschicht zu analysieren“ (Jochen Vogt).
Pornographie!
Was die ersten RezensentInnen jedoch vordergründig beschäftigte, war das angeblich Pornographische des Romans. Nicht, dass Keetenheuve als Erwachsener dereinst ein Mädchen geheiratet hat, sondern dass er unter anderem vor seinem Selbstmord Sex mit einem arbeitslosen Mädchen in einem Ruinenviertel hat, sorgte für Entrüstung.
Scheinbar niemanden hat es gestört, dass Keetenheuve vom Geheimdienstchef ein Posten in Guatemala angeboten wird, falls er auf seine Parlamentsrede gegen Wiederaufrüstung verzichtet. Ein DDR-Rezensent machte in dem Roman allerdings eine „völlige Blindheit gegenüber größeren gesellschaftlichen Zusammenhängen“ aus und schrieb von einer „verworrenen und wurzellosen Opposition“ Keetenheuves.
Trilogie des Scheiterns
Heute gilt „Das Treibhaus“ als einer der ersten großen Romane der damals noch jungen Bundesrepublik, der sich mit dem muffigen Restaurationsklima im Adenauer-Deutschland beschäftigte. Zusammen mit „Tauben im Gras“ (1951) und „Der Tod in Rom“ (1954) bildet er Koeppens so genannte „Trilogie des Scheiterns“, welche sich auch für einen Rückblick oder eine (erste) Auseinandersetzung mit der Nachkriegs-Vergangenheit eignet.
Von Werner Schuster
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– bei Amazon als Hardcover (Werke in 16 Bänden), als Hardcover (Bibliothek Suhrkamp), als Hardcover (zusammen mit „Tauben im Gras“ und „Der Tod in Rom“),
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Wolfgang Koeppen wurde am 23. Juni 1906 in Greifswald geboren und starb am 15. März 1996 in München. Aus finanziellen Gründen musste er vom Gymnasium auf die Mittelschule wechseln, von der er ohne Abschluss abging. Danach versuchte er sich in ganz unterschiedlichen Berufen: in einer Buchhandlung, im Stadttheater in Greifswald. Als Hilfskoch kam er nach Schweden und Finnland, in Würzburg arbeitete er als Dramaturg. 1927 ließ er sich in Berlin nieder, wo er 1931 zwei Jahre als fest angestellter Redakteur beim Berliner Börsen-Courier arbeitete. 1934 erschien sein erster Roman, „Eine unglückliche Liebe“. 1951, 1953 und 1954 erschienen die drei Romane, die als die atmosphärisch genaueste Vergegenwärtigung des Klimas der Adenauer-Republik gelten: „Tauben im Gras“, „Das Treibhaus“ und „Der Tod in Rom“. Koeppen verschaffte mit „Nach Rußland und anderswohin“, „Amerikafahrt“ und „Reisen nach Frankreich“ der Reiseliteratur in Deutschland hohes Ansehen.
Mehr über Wolfgang Koeppen und über die Wiederbewaffnungsdiskussion bei Wikipedia.
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