Fforde, Jasper: Grau
Kurzkritik – Was meinen Sie? – Ausführliche Besprechung – Infos
- Gebunden
- 490 Seiten
- Erschienen 2011 bei Eichborn
- Aus dem Englischen von Thomas Stegers
- Originalausgabe: „Shades of Grey – The Road to High Saffron”, 2009
Inhalt:
Es läuft gut für Eddie Russett: Seine Rotsicht ist exzellent, er wird mit etwas Glück auf der Farbskala nach oben heiraten, und sein Leben plätschert angenehm ereignislos dahin – bis zu dem Tag, an dem er sich unrettbar und wider jede Vernunft verliebt. Denn Jane ist nicht nur geheimnisvoll und wunderbar stupsnasig, sie ist auch komplett farbenblind und gehört damit der gesellschaftlichen Unterschicht an: eine Graue! (Pressetext)
Kurzkritik:
Fforde erzählt in „Grau“ von einer Welt voller Absurditäten, als müssten wir LeserInnen uns auskennen darin. Er beschreibt, erklärt aber nicht; da bleibt der Fantasie nichts anderes übrig, als sich ein bisschen anzustrengen, um sich ein eigenes Bild zu machen.
Das Buch liest sich ein bisschen wie ein Jugend-Fantasy-Roman, doch die leicht zugängliche Form erlaubt es dieser sehr intelligenten Geschichte von blindem Gehorsam, Diktatur, Gesetzestreue und Desinformation, sich so richtig schön hinterrücks in unsere Vorstellung zu schleichen.
Durch die Wahl der Farben als Mittel zur Kategorisierung der Menschen entstehen schöne Sprachbilder, und die Charaktere sind originell und dennoch glaubwürdig gezeichnet. Ich war erleichtert, hier auf Figuren zu stoßen, die Widerstand leisten, in den Untergrund gehen, etwas ändern wollen – so beklemmend schildert Fforde diese eigenartige, märchenhafte und dennoch so eingesperrte Welt mit ihrer Riesenfauna und ihren Rückschrittwellen.
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Riesenfauna und Rückschrittwellen
Eddie Russett ist ein braver junger Mann Anfang zwanzig, der glaubt, eine exzellente Rotwahrnehmung zu haben. Doch sein Ishihara steht noch bevor, also kann er das nur vermuten und hoffen, will er doch gerne in die reiche Familie Oxblood einheiraten und ein Bindfadenimperium übernehmen.
Doch er hat Mist gebaut und reist mit seinem Vater nach Ost-Karmin, um eine Stuhlzählung durchzuführen und sich durch diese sinnlose Tätigkeit in Demut zu üben. Russett ist ein Roter und somit gesellschaftlich klassifiziert. Hierarchisch stehen die roten unter den Purpurnen, Gelben und Blauen – nur die Mischfarben Orange und Grün siedeln sich gesellschaftlich noch weiter unten an.
Fanatische Ordnungslehre
Russet lebt in einer Welt, in der die Menschen zunehmend ihre Farbwahrnehmung verloren haben und meist nur eine einzige Farbe des Spektrums wirklich wahrnehmen können. Es ist eine Welt, in der eine geradezu fanatische Ordnungslehre und ein strenger Verhaltenskodex das Leben der Menschen in enge, für die Obrigkeit überschaubare und manipulierbare Bahnen lenkt. Da suchen sich nur ganz Gewitzte ihre Schlupflöcher – einige lernt Russett in seinem Exil in Ost-Karmin kennen –; man hat Angst vor Gesindel, Nachtsichtigen und Apokryphen.
Auf der untersten Stufe
Auf der untersten gesellschaftlichen Stufe stehen die Grauen. Sie haben keinerlei Farbwahrnehmung, müssen niedere Arbeiten verrichten und wohnen in eigenen Ortsteilen, die die Farbsichtigen alleine nur ungern betreten.
Absurde Gesetze
In so eine Graue verliebt sich Russett: Jane ist frech, aufmüpfig, schlagfertig und skrupellos und hat eine hübsche Nase. Wehe, jemand wagt, dies zu erwähnen. Jane zeigt Russett, dass es in dieser Welt nach der großen Epiphanie, in der der technische Standard vorsätzlich rückentwickelt wird und in der absurde Gesetze gelten, die niemand hinterfragt, noch andere Wahrheiten liegen. Schreckliche Wahrheiten.
Angesteckt
Russett lässt sich anstecken von Janes Neugier und Mut und entwickelt in nur wenigen Tagen Widerstandsgeist und Gewitztheit. Da dies der erste Band einer Trilogie ist, wird man sehen, wie ihm das bekommen wird.
Eine Welt voller Absurditäten
Fforde erzählt in „Grau“ von einer Welt voller Absurditäten, als müssten wir LeserInnen uns auskennen darin. Er beschreibt, erklärt aber nicht; da bleibt der Fantasie nichts anderes übrig, als sich ein bisschen anzustrengen, um sich ein eigenes Bild zu machen.
Gesetzestreue und Desinformation
Das Buch liest sich ein bisschen wie ein Jugend-Fantasy-Roman, doch die leicht zugängliche Form erlaubt es dieser sehr intelligenten Geschichte von blindem Gehorsam, Diktatur, Gesetzestreue und Desinformation, sich so richtig schön hinterrücks in unsere Vorstellung zu schleichen.
Widerstand
Durch die Wahl der Farben als Mittel zur Kategorisierung der Menschen entstehen schöne Sprachbilder, und die Charaktere sind originell und dennoch glaubwürdig gezeichnet. Ich war erleichtert, hier auf Figuren zu stoßen, die Widerstand leisten, in den Untergrund gehen, etwas ändern wollen – so beklemmend schildert Fforde diese eigenartige, märchenhafte und dennoch so eingesperrte Welt mit ihrer Riesenfauna und ihren Rückschrittwellen.
„Getrennt sind wir stark!“ lautet hier das Motto. Russett zweifelt inzwischen daran. Fortsetzung folgt.
Von Eva Schuster
– in einer Buchhandlung in Ihrer Nähe
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– als Hörbuch.
Jasper Fforde wurde 1961 in Wales geboren. Bevor er sich hauptberuflich dem Schreiben widmen konnte, war er 19 Jahre in der Filmindustrie tätig und verfasste nebenbei einen Roman nach dem anderen. Als 2001 schließlich sein erster Roman – „Der Fall Jane Eyre“ – veröffentlicht wurde, war das Buch weltweit sofort ein Riesenerfolg, dem weitere folgten. Grau ist sein achter Roman. Jasper Fforde lebt mit seiner Frau und seinen sechs Kindern in Wales.
Mehr über Jasper Fforde bei Wikipedia.
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