25/01/2012von 693 Views – 0 Kommentare

Wagner, Matthias: Wolkenbruch

KurzkritikIhre MeinungAusführliche BesprechungInfos

Buchcover
  • Roman
  • Taschenbuch
  • 320 Seiten
  • Erschienen 2007 bei BoD

Inhalt:

Auf seinem Gang durch unsere Zeitgeschichte seit den 50er Jahren begibt sich Samuel auf die Spur seiner Eltern: Einen Tag und eine Nacht lang, durchdrungen von Erinnerungen, schreibt er ihnen einen Brief. Auch Saskia begleitet ihn auf diesen vergangenen Wegen bis hin zur voranschreitenden Gegenwart: „Saskia war wie ein ferner Stern, dessen Licht die eigene Herkunft nicht begründen kann, weil er längst erloschen ist. So begann es irgendwann, vielleicht auf dieser Reise, vielleicht schon früher, dass sie für mich nicht mehr war, als nur ein reales Bild, dessen Erscheinung trog, weil sein Ursprung längst nicht mehr existierte.“

Kurzkritik:

Dies ist ein an sich großartiger Roman, vom ich mir nur gewünscht hätte, dass es der zweite oder dritte des Autors gewesen wäre. Dann hätte Matthias Wagner sicher auch stimmigere Dialoge geschrieben, und ich würde das Buch uneingeschränkt empfehlen.

Werner gibt  ★★★★☆  (4 von 5 Eselsohren)

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Besprechung:

Brief an die Eltern

Dies ist ein an sich großartiger Roman, vom ich mir nur gewünscht hätte, dass es der zweite oder dritte des Autors gewesen wäre. Dann hätte Matthias Wagner sicher auch stimmigere Dialoge geschrieben, und ich würde das Buch uneingeschränkt empfehlen.

Dass ich mir zeitweise nicht sicher gewesen bin, ob dieser Roman nun rein autobiografisch ist oder nicht, hat mein Lesevergnügen nicht getrübt. Entweder ist dem so und Wagner hat genug Distanz zum Geschehenen. Oder er verfügt über einen großen Erfindungsreichtum, den er authentisch umzusetzen versteht.

Nach dem Scheitern

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Wagners Ich-Erzähler heißt jedenfalls Samuel und schreibt eine Nacht lang einen Brief an seine Eltern. Seine Mutter hat die Familie verlassen, vor allem weil sie hinter eine Affäre seines Vaters gekommen ist. Sein Vater hat Selbstmord begangen, nachdem er, ein politischer Aktivist während der Studentenunruhen, all seine Utopien scheitern gesehen hatte.

In diesen Brief verwoben sind die Geschichte von Samuels Eltern, die neunjährige Beziehung Samuels zur ihm nicht ganz fassbaren Saskia und außerdem die Nachgeschichte. Soll heißen: wie es Samuel nach der Trennung von Saskia ergangen ist. – Vor allem jene Zeitebenen, die den Protagonisten betreffen, sind auf den ersten Blick nicht immer gleich auseinanderzuhalten, doch erschwert das die Lektüre nicht.

Gegengesellschaft mit Menschen

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Und selbst wenn dem so sein sollte, wird man reichlich belohnt: wir haben es mit einem Roman zu tun, der die deutsche „Gegengesellschaft“ der 1960er- bis 70er-Jahre detailreich beschreibt, ohne belehrend zu wirken oder trocken zu sein. Und dieser Teil der Historie ist nicht bloß Kulisse, sondern tief mit den Schicksalen der Menschen verwoben.

Und wenn auch die Zeit nach 1980 nicht mehr so greifbar ist wie die Epoche davor, so bilden die politischen und wirtschaftlichen Geschehnisse bis in Jahr 2006 doch mehr als den Hintergrund für eine Beziehungsgeschichte und eine schmerzliche Selbstfindung.

Stilsicher

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Dies alles beschreibt Wagner stilistisch sicher und vielfältig, solange er erzählt. Einzig bei den Dialogen hapert es meiner Meinung nach. Diese wirken mitunter hölzern, und die Figuren sind sprachlich nicht zu unterscheiden.

Doch abgesehen davon ist dies ein Roman, den Vito von Eichborn zu Recht in seine „Edition BoD“ aufgenommen hat.

Von Werner Schuster

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Mehr Infos:

Matthias Wagner lebt in vergnüglicher Entfernung vom städtischen Treiben auf den Höhen des Schwarzwaldes und bewirtschaftet mit seiner Frau unter engagierter Mithilfe von Eseln, Zackelschafen, Ziegen, Katzen und einem Hund einen Bauernhof. Hauptberuflich arbeitet er als Ergotherapeut an der Psychiatrie in Freiburg und ist Herausgeber des Text-, Poesie- und Bildbandes „In Uns und Außen – Menschen in der Psychiatrie schreiben und gestalten“.
Leseprobe und mehr über Matthias Wagner.

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