Nachlese: Le Carré
Liebe LeserInnen,
einer der wenigen Autoren, von denen ich wirklich fast alles gelesen habe, ist Le Carré. Bei den Eselsohren gibt es dazu vier Rezensionen.
Werner Schuster
Die Libelle
Thriller
Übersetzt von Werner Peterich
List, Kiepenheuer & Witsch, Heyne
Inhalt:
Eine Explosion im Diplomatenviertel zerstört die Villa des israelischen Arbeitsattachés und fordert drei Todesopfer. Ein weiterer grausamer Anschlag in einer Reihe europaweiter Attentate, zu denen sich die Terrorgruppe Palästinensische Agonie bekennt. Für den endgültigen Vernichtungsschlag gegen die Terroristen braucht der israelische Meisterspion Schulmann die Hilfe von Charlie, einer jungen englischen Schauspielerin. Als sie einwilligt, einen mit Sprengstoff beladenen Mercedes durch Jugoslawien zu fahren, gibt es für sie kein Zurück mehr. Um zu überleben, wird sie die Rolle ihres Lebens spielen müssen …
Kurzkritik:
„Die Libelle“ auch beim zweiten Mal mehr als ein spannender Agententhriller: “Komponiert“ und geschrieben ist das über 20 Jahre alte Buch atemberaubend gut. Ich werde mir “Die Libelle“ sicher irgendwann auch ein drittes Mal zu Gemüte führen.
Zur ausführlichen Besprechung: Am zweiten Ich zerbrechen
Agent in eigener Sache
Thriller
Aus dem Englischen von Rolf und Hedda Soellner
Taschenbuch: List bei Ullstein, 2002
(“Smiley’s People”, 1979)
Inhalt:
Der legendäre George Smiley, einst Chef des britischen Geheimdienstes und nun im Ruhestand, wird noch einmal aktiv, und zwar in eigener Sache. Es kommt zur Abrechnung mit Karla, dem einzigen ihm ebenbürtigen Gegner.
Kurzkritik:
Gewiss kann man anmerken, dass diesen anspruchsvollen “Kalter-Krieg”-Thrillern etwas Historisches anhaftet. Doch was wiegt das gegen Le Carrés hohe Kunst der Komposition, seine sprachliche Eleganz und die Komplexität der Charaktere …
Marionetten
Thriller
Aus dem Englischen von Sabine Roth und Regina Rawlinson
Hardcover: Ullstein, 2008
Taschnbuch: Ullstein, 2009
(„A Most Wanted Man“, Hodder & Stoughton, 2008)
Inhalt:
Hamburg nach 9/11. Ein muslimischer Terrorverdächtiger ist die Schlüssel -figur im gnadenlosen Wettlauf internationaler Geheimdienste. Der neueRo man von John le Carré erzählt von einer durch den Terror verändertenGesellschaft, in der jeder Unschuldige und Schuldige gleichermaßenStatist in einem undurchschaubaren Marionettenspiel ist.
Kurzkritik:
Eigentlich mag ich neue Bücher von Le Carré nicht sofort nach Erscheinen lesen, weil, mein Gott, der Meister ist auch schon 77, und ich würde halt gerne wissen, dass ich eines noch nicht kenne (– wiewohl man seine Thriller auch ein zweites Mal – und dann weniger hastig – verschlingen kann).
Mit „Marionetten“ hat er uns jedenfalls nicht nur noch einmal Freude bereitet, sondern ist auch in eine dritte Phase seiner Agententhriller eingetreten.
Zur ausführlichen Besprechung: Oder doch ein Terrorist?
Verräter wie wir
Hardcover, Hörbuch, E-Book
Erschienen 2010 bei Ullstein
Aus dem Englischen von Sabine Roth
Originalausgabe: „Our Kind of Traitor”, 2010
Inhalt:
Dima ist die Seele der russischen Mafia. Seit seiner Zeit als Gefangener im Gulag hat er sich an ihre Spitze hochgearbeitet. Sein Spezialgebiet: die Geldwäsche. Doch seine Tage sind gezählt. Er hat Feinde unter den mächtigen Weggefährten. Um das Überleben seiner Familie zu sichern, geht er einen Pakt mit dem Westen ein. Er bietet sein Wissen im Tausch gegen ein Leben in England. Eine Sensation für den britischen Geheimdienst, der einwilligt. Aber die Agenten stoßen auf einen bedrohlichen Widerstand.
Kurzkritik:
Auch mit 79 ist le Carré immer noch auf der Höhe seiner Schaffenskraft. „Verräter wie wir“ mag zwar seinem Gesamtwerk keinen neuen Ansatz oder keine neue Nuance hinzufügen (wie das etwa „Marionetten“ getan hat), aber wozu auch?
Wem außer le Carré gelingt es, unsere Gegenwart (auch für die Nachwelt) in einem Absatz oder sogar Nebensatz einzufangen? Und wie selbstverständlich gelingt es ihm nach wie vor, scheinbar mühelos unvergessliche Charaktere zu entwerfen und zu beschreiben und seine Plots aus mehreren Perspektiven abzuhandeln, ohne dass er deshalb so tun müsste, als könnte er alles über seine Figuren wissen.
Außerdem ist er erwiesenermaßen näher an der Wirklichkeit als so manche, heutzutage mehr gefeierten Thriller-KollegInnen.
Zur ausführlichen Besprechung: Ein Meister wie er
John le Carré, am 19. Oktober 1931 in Poole, Dorset, geboren, war nach seinem Studium in Bern und Oxford in den sechziger Jahren in diplomatischen Diensten u.a. in Bonn und Hamburg tätig. Mit “Der Spion der aus der Kälte kam”, begründete er 1963 seinen Weltruhm als Bestsellerautor. Er lebt mit seiner Frau in Cornwall.
Über John le Carré bei Wikipedia.
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