Mitgutsch, Anna: Die Grenzen der Sprache
Essay
Broschiert
108 Seiten
Erschienen 2013 bei Residenz
Kurzkritik – Was meinen Sie? – Ausführliche Besprechung – Infos
Inhalt:
Wo sind die Grenzen der Sprache und was liegt dahinter? Anna Mitgutsch beschreibt die Versuche der Dichter, über den Rand des Denkbaren hinaus zu gelangen. Sie spannt dabei einen großen historischen Bogen von Gilgamesch bis ins 20. Jahrhundert. Von Emily Dickinson über Jorge Luis Borges zu Imre Kertész eröffnen sich spannende Grenzgänge und machen Lust auf neue Entdeckungsreisen in die Literatur. (Pressetext)
Kurzkritik:
Für Menschen, die Sprache „einfach so“ benutzen, mag es verunsichernd sein, dass deren Möglichkeiten begrenzt sind. – Der Gegenstand von Mitgutsch‘ Überlegungen ist das, was – vor allem in der Literatur – gerade noch und was nicht mehr gesagt werden kann.
Werner gibt (3,5 von 5 Eselsohren)
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Besprechung:
Der Rand der Wörter
Der Gegenstand von Mitgutsch‘ Überlegungen ist jedenfalls das, was – vor allem in der Literatur – gerade noch und was nicht mehr gesagt werden kann. Sie holt weit aus, um ihn (den Gegenstand) aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Unter anderem ist die Rede von Dickinson, dem Gott der Hebräer, Friedrich (Caspar David), Turner, Frost, Melville, Poe, Freud, Wittgenstein, Schnitzler, Rilke, Borges, Benjamin, Steiner, Dalí, Hopper, Beckett, Bialik, Celan, Kafka und Kertesz.
Fraglos
Wenn Essayisten nun in der Regel als Fragende auftreten, die nach Antwort suchen, ohne sie letztlich zu finden, so wird mir in diesem Buch zu wenig gefragt. Oder: Das Fragen hat vor der Niederschrift stattgefunden. Antworten erhalten wir selbstredend auch keine, sondern eine Aufzählung dessen, was die Autorin über ihr Thema weiß oder gesammelt hat. Das Aufgezählte wird mit Behauptungen verbunden, die für mich nicht immer nachvollziehbar sind und die ich deshalb auch schwer überprüfen kann. Dazu müsste man zumindest die zitierten oder beschriebenen Werke kennen. In diesem Sinne macht das Buch, wie der Verlag schreibt, „Lust auf neue Entdeckungsreisen in die Literatur“.
Bitte mich nicht misszuverstehen. Es ist sehr interessant, was Mitgutsch über das zusammengetragen hat, woran KünstlerInnen unweigerlich scheitern müssen: Eben das, was sich mit Sprache nicht mehr ausdrücken lässt. Oder, um es mit dem von Mitgutsch zitierten Goldschmidt auszudrücken: „Die Sprache ist für die Suche nach dem Verborgenen nicht geeignet“.
Wofür die Worte fehlen
Für Menschen, die Sprache „einfach so“ benutzen, ist es verunsichernd, dass deren Möglichkeiten begrenzt sind. Ist es faszinierend, womit sich zum Beispiel SchriftstellerInnen herumschlagen müssen. Ich frage mich allerdings, ob dies alle tun. Ob es etwa das Merkmal von gehobener Literatur sein könnte, etwas beschreiben zu wollen, „für das der Sprache die Worte fehlen“ (Goldschmidt). Ob man dieses Problem auch in der sog. Unterhaltungsliteratur hat. Wer lotet die Grenzen der Sprache noch nicht aus und wer schon?
Und so regt Mitgutsch nicht nur zum Denken, sondern auch zum Weiterfragen an. In diesem Sinn ist ihr Essay auf jeden Fall gelungen.
Von Werner Schuster
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Infos:
Anna Mitgutsch, geboren in Linz. Sie unterrichtete Germanistik und amerikanische Literatur an österreichischen und amerikanischen Universitäten. Mitgutsch publizierte Essays und Übersetzungen und schrieb nach ihrem erfolgreichen Debüt „Die Züchtigung“ (1985) weitere acht Romane. Die unverwechselbare erzählerische Intensität ist Kennzeichen ihres Schreibens. Sie erhielt für ihr Werk zahlreiche Auszeichnungen, u.a. den „Solothurner Literaturpreis“. Zuletzt erschienen: „Wenn du wiederkommst“ (2010).
Interview mit Mitgutsch im HVB-Anzeiger.
Mehr über Anna Mitgutsch bei Wikipedia.
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