22/05/2013von 701 Views – 0 Kommentare

Skorpil, Clementine: Gefallene Blüten

Krimi
Broschiert
345 Seiten
Erschienen 2013 bei Ariadne

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Inhalt:

Die europäischen Kolonialherren haben Shanghai in Verwaltungszonen aufgeteilt. Fabriken schießen aus dem Boden, Triaden beherrschen die Straßen, der Opiumhandel blüht. Da trifft eine ehrwürdige alte Frau vom Lande ein, um nach ihrer verschollenen Enkelin zu suchen. Hängt das Verschwinden der schönen Pflaumenblüte mit dem ermordeten Komprador Liu Er zusammen? (Pressetext)

Kurzkritik:

„Gefallene Blüten“ ist so etwas wie Faction, also Literatur, in der Fakten und Dichtung miteinander vermischt werden. Man folgt Ali Ping (oftmals in Rikschas) und Lou Mang durch alle Bevölkerungsschichten des historischen Shanghai – in einem durchaus humorvoll geschriebenen Roman, der eine Art Detektivgeschichte mit einer Gangsterballade gekonnt verbindet.

Werner gibt  ★★★★☆  (4 von 5 Eselsohren)

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Besprechung:

Auf Lotosfüßen durch Shanghai

Einen Blick in das China des beginnenden 20. Jahrhunderts erlaubt dieser Kriminalroman, der das Leben auf dem Lande ebenso beleuchtet wie die Zustände in der Millionenstadt Shanghai, laut Aldous Huxley „ein dichter Morast üppig verflochtenen Lebens“ und gemäß der Autorin Clemetine Skorpil mit dem Chicago der 1920er- und 1930er-Jahre vergleichbar.

Straßen so breit wie Flüsse durchzogen die Stadt. Die Häuser standen ohne Zusammenhang nebeneinander. Die Straßen waren überfüllt mit Rikschas und Menschen und Gefährten aller Art, auch kleinen Eisenwürmern. Es gab noch mehr Geschäfte als damals. Und mehr Ausländer, viel mehr Ausländer. Ihre Viertel waren durch Zäune von denen der Chinesen getrennt. Außerdem sah Ali Ping mehr Madennester als damals.

Als Madennester werden Bordelle bezeichnet. Ali Ping ist die Hauptperson, eine 60-jährige, selbstbewusste und eigensinnige Witwe, die als Tochter aus gutem Haus lesen und schreiben gelernt hat. Und der als Kind die Füße gebunden worden sind (also am Wachstum gehindert und zu Klumpfüßen verformt). Solchen Lotosfüße verursachten lebenslange Schmerzen und man konnte mit ihnen kaum gehen.

Pflaumenblüte im Madennest

Dennoch hat sich Ali Ping mit ihrem Ersparten nach Shanghai begeben, um dort ihre Enkelin Xiaohua zu suchen. Weil sie als Frau und mit ihren Lotosfüßen nicht weiterkommt, heuert sie einen Studenten an. Der idealistische Lou Mang verbringt mehr Zeit mit der Verbreitung des Kommunismus (in Shanghai wurde 1921 die Kommunistische Partei Chinas gegründet) als mit seinem Studium. Aber er findet heraus, dass Xiaohua in einem Madennest gelandet ist. Nicht nur das, sie ist – als „Pflaumenblüte“ – eine der gefragtesten Prostituierten Shanghais. Nicht nur das, sie soll kürzlich einen ihrer Kunden getötet haben und ist seither untergetaucht.

Was folgt, sind die stümperhaften, aber doch nicht erfolglosen Ermittlungen einer im Gehen behinderten alten Frau und ihres linkischen Assistenten. Sie bekommen es mit der chinesischen Mafia zu tun und werden nur deshalb am Leben gelassen, weil man sich von ihnen zu Pflaumenblüte führen lassen will.

Mit Mao Zedong und Zhou Enlai

Einige Personen aus dem Roman haben tatsächlich gelebt. Etwa Polizeichef Huang Jinrong, der zugleich führender Kopf der „Green Gang“ gewesen ist, die Opiumhandel, Prostitution und illegales Glücksspiel kontrollierte, sowie – unter anderen – Mao Zedong und Zhou Enlai. „Gefallene Blüten“ ist so etwas wie Faction, also Literatur, in der Fakten und Dichtung miteinander vermischt werden. Man folgt Ali Ping (oftmals in Rikschas) und Lou Mang durch alle Bevölkerungsschichten des historischen Shanghai und wird gleichzeitig mit einem durchaus humorvoll geschriebenen Roman, der eine Art Detektivgeschichte mit einer Gangsterballade gekonnt verbindet.

Von Werner Schuster

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Infos:

Clementine Skorpil (geboren 1964 in Graz), studierte Sinologie und Geschichte in Wien und Taiwan. Neben der modernen chinesischen Hochsprache studierte sie auch klassisches Chinesisch. Ihr besonderes Interesse gilt der frühen Qing-Zeit (2. Hälfte des 17. Jh.). Sie ist als Schriftstellerin und Lektorin tätig und lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Wien.

Mehr über Clementine Skorpil auf www.skorpil.at.

Mehr über Lotosfüße, Shanghai und die chinesische Mafia bei Wikipedia.

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Literaturmagazin Eselsohren – 

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