Taher, Baha: Die Oase
Kurzkritik – Was meinen Sie? – Ausführliche Besprechung – Infos
- Gebunden
- 312 Seiten
- Erschienen 2011 bei Unionsverlag
- Aus dem Arabischen von Regina Karachouli
- Originalausgabe: „Wahat al-Ghurub”, 2007
Inhalt:
Das 19. Jahrhundert neigt sich dem Ende zu, als der politisch in Ungnade gefallene Machmud Abdel Sahir von Kairo in die abgelegene und gefährliche Oase Siwa nahe der libyschen Grenze versetzt wird. Er weiß, dass zwei seiner Vorgänger ermordet wurden. Aber weiß er auch wirklich, was ihn erwartet? (Pressetext)
Kurzkritik:
Mit diesem Roman wollte Baha Taher zu viel auf einmal: Ägypten in einem Gleichnis einfangen, dieses jedoch in einer moderneren Form erzählen, und Symbolfiguren schaffen, die gleichzeitig vielschichtige Persönlichkeiten sind.
Ich denke, er ist an dieser ungeheuerlichen Aufgabe ehrenvoll gescheitert.
Werner gibt (3 von 5 Eselsohren)
Und hier können Sie das Buch bestellen:
– in einer Buchhandlung in Ihrer Nähe
– bei Amazon als Hardcover.
Ist alles Vergängliche nur ein Gleichnis?
„Die Oase“ könnte ein großartiges Buch sein, hätte Baha Taher die Geschichte einfach selbst erzählt und nicht kapitelweise von fünf Personen in der Ich-Form erzählen lassen.
Wir befinden uns am Ende des 19. Jahrhunderts, der politisch in Ungnade gefallene Machmud Abdel Sahir wird von Kairo in die abgelegene und gefährliche Oase Siwa nahe der libyschen Grenze versetzt. Dort gerät Machmud zwischen die Fronten der sich untereinander bekriegenden Einwohner. (Außerdem bringt seine irische Frau Catherine die ganze Gemeinschaft gegen sich auf, weil sie deren ungeschriebene Gesetze nicht respektieren mag, während die auf der Suche nach dem Grab von Alexander dem Großen ist.)
Eindringlinge
Was hätte dieser Stoff nicht alles hergeben können. Ständig liest man von Konzernen, dem IWF und von „Friedenstruppen“, die machtlos sind gegenüber Stammesfehden und ähnlichem, und kennt sich nicht aus: Wer will Frieden, wer will Krieg? Wer will beides? Und wer sind die Guten? Gibt es überhaupt welche?
Und: wie geht man als mehr oder weniger willkommener Eindringling damit um, zwischen den Fronten zu stehen, sich auf nichts und niemanden verlassen zu können, selbst wenig Ahnung zu haben, womit man es eigentlich zu tun hat? Und dann ist man wahrscheinlich bloß FunktionärIn und folgt Ordern oder Befehlen von Menschen, welche die Situation vor Ort wahrscheinlich noch weniger einschätzen können als man selbst.
Verwirrend
Nun, davon lässt Taher erzählen, aber man erfährt nicht mehr, als man ohnedies wusste: alles ist sehr verwirrend.
Noch dazu wirkt die Aufteilung der Story auf mehrere ErzählerInnen verkrampft, weil diese neben der Darlegung ihrer Gedanken und Erlebnisse auch die Geschichte vorantreiben müssen (resp. müssten) und dadurch ständig aus ihrer Erzähl-Rolle fallen. Man hat den Eindruck, ihnen würde etwas in den Mund gelegt, und das macht sie unglaubwürdig.
Die Story zerfällt
Dadurch zerfällt auch die Story. Man weiß nie so recht, was Taher wichtiger ist: die Charaktere oder die Geschichte. Es ist anzunehmen, dass dem Schriftsteller beides gleich wichtig war, aber für mich fügen sich diese Elemente in diesem Roman nicht zusammen.
Mir ist auch nicht klar, warum Taher das Ende offen lässt. Um seinem Roman etwas Gleichnishaftes zu geben?
Zu viel auf einmal
Vielleicht wollte er einfach zu viel auf einmal: Ägypten in einem Gleichnis einfangen, dieses jedoch in einer moderneren Form erzählen, und Symbolfiguren schaffen, die gleichzeitig vielschichtige Persönlichkeiten sind.
In einer „Randbemerkung“ schreibt er außerdem, dass sein Buch in verschiedenen historischen Epochen spielt. Dass er auf die untergegangene Kultur von Siwa hinweisen wollte. Und auf den Urabi-Aufstand. Und auf Alexander den Großen (dessen Geist im Roman zu uns spricht). Und darauf, dass man nicht weiß, wo sich sein Grab befindet.
Ich denke, er ist an dieser ungeheuerlichen Aufgabe ehrenvoll gescheitert.
Von Werner Schuster
– in einer Buchhandlung in Ihrer Nähe
– bei Amazon als Hardcover.
Baha Taher wurde 1935 in Giseh bei Kairo geboren. Er war Kulturredakteur beim ägyptischen Radio. Ab 1975 arbeitete er im Ausland, von 1981 bis 1995 als Übersetzer bei der UNO in Genf. Mehrfache Auszeichnungen für seine Publikationen und Übersetzungen mit u. a . 1996 dem ägyptischen Staatspreis für das beste literarische Werk des Jahres und 1998 mit dem ägyptischen Staatspreis für Literatur. Baha Taher lebt in Kairo.
Mehr bei den Eselsohren
- von: Werner
- was: 2011 – AutorInnen T – Rezensionen – Romane & Erzählungen
- wer/wie/wo: Asien (AutorIn) – Asien (Schauplatz) – eher/ziemlich gut – Unionsverlag
- Rezensionen (alphabetisch): Romane von A–Z –
Druckversion
Ziemlich genau das waren meine Eindrücke. Einer jener Romane, die packend und vielversprechend anfangen und dann zerfasern…