Juretzka, Jörg: Freakshow
Kurzkritik – Was meinen Sie? – Ausführliche Besprechung – Infos
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Inhalt:
Kryszinskis Auftragsbücher sind voll, mit gleich vier Fällen ist der Ruhr-City-Detektiv mehr als ausgelastet. Doch während er Rollstuhlfahrer vor gelangweilten Teenagern bewahren, Kinderschänder aufspüren, einen Bugatti finden und eine Großbaustelle vor vermeintlich kreuzbraven Anrainern schützen soll, wird ihm allmählich klar, dass alles und alle miteinander verwoben sind und er selbst mittendrin im Schlamassel steckt. (Pressetext)
Kurzkritik:
Von der ersten bis zur letzten Seite ein intelligenter Genuss, ein Anstoß zum Nachdenken, Einblick gewährend in Gebiete, die uns zumeist verschlossen bleiben.
Eva gibt (4,75 von 5 Eselsohren)
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Schlafen ist nicht
Kristof Kryszinskis Leben läuft aus dem Ruder. Manchmal geht alles gleichzeitig den Bach runter. Wohnung weg, kein Geld, der Hund in der Tierklinik (und ohne Geld nicht da rauszukriegen), – und dann ist noch die Polizei hinter ihm her, weil er, als er seinen über und über mit Ameisenbissen übersäten Bekannten Alfred ins Krankenhaus bringt, dabei die Geschwindigkeitsbegrenzung überschreitet.
Alfred hat er im Wald gefunden. In der Nacht, gefesselt, nackt, am Rande des Wahnsinns. Leider leidet Alfred unter einer Sprachstörung und kann (oder will?) Kryszinski nicht erzählen, was passiert ist.
Gleich drei Jobs auf einmal
In seiner Verzweiflung nimmt Kryszinski gleich drei Jobs auf einmal an: Ein Bugatti muss gefunden, ein Kinderschänder gestellt, eine von fundamentalistischen Christen sabotierte Baugrube überwacht werden.
Akquirieren
Also bezieht Kryszinski als Wachmann einen Bungalow in der Einrichtung für betreutes Wohnen namens „Village“ – und bleibt dort nicht lange allein: Sein Freund Pierfrancesco Scuzzi, ebenfalls in Wohnungsnot, richtet seinen Drogen- und Medikamentenhandel häuslich in Kryszinskis Bungalow ein, um die ansässigen Patienten sogleich als Kunden zu akquirieren. Dazu hört er schlechte Musik.
Kryszinski aber möchte seit Tagen nur eines: schlafen.
Groteske Foltermethoden
Doch dazu kommt er nicht: Alfred, den er schon einmal selbstlos ins Krankenhaus gefahren hat, wird abermals Opfer grotesker Foltermethoden. Dass dieser Alfred Insasse der Einrichtung „Village“ ist, erleichtert Kryszinski seine Ermittlungen nur räumlich. Die fundamentalistischen Christen bereiten ihm keinen warmen Empfang, als er versucht, den Sabotageakten nachzugehen, die den geplanten Anbau des „Village“ akut gefährden. Den Bugatti will auch jemand anderer finden.
Fieberhaft
Jemand, mit dem nicht zu spaßen ist. Der Kinderschänder ist auf der Suche nach einem ganz bestimmten Kind, und dieses sucht Kryszinski jetzt natürlich auch. Fieberhaft. In ganz unangenehmen Gegenden.
Der Hund!
Dabei vergisst er selbstverständlich nicht auf seinen Hund. Ohne Geld kann er das Tier nicht aus dem Gewahrsam der Klinik holen, doch die Drohung, dass der Hund eingeschläfert wird, wenn Kryszinski die Abholfrist nicht einhält, beflügelt dessen Fantasie. Das alles macht ihn nicht entspannter. Nein, diesmal hat er’s wirklich dicht. Und Scuzzi nervt.
Irre
Locker und rotzig erzählt Jörg Juretzka diese irre, fast abstruse Geschichte. Es ist Kristof Kryszinskis zehnter Fall (obwohl es ja diesmal gleich mehrere Fälle sind), und niemand, der die restlichen Romane aus dieser Krimiserie kennt, zweifelt eine Sekunde daran, dass er auch diesen gekonnt meistern wird, nicht ohne die Leserschaft gleichzeitig gut zu unterhalten.
Schluck
Während man allerdings die raue, schnoddrige Sprache, den trockenen Sarkasmus und die spannende Story genießt, muss man schlucken, da – und das hat Juretzka wirklich drauf, wenn ich das ebenso locker formulieren darf – sich hinter der Leichtigkeit und der Lust am Erzählen Verbrechen verbergen, die Juretzka nicht erfunden hat, die täglich passieren, dadurch aber nicht weniger grausam und unmenschlich werden.
Ganz schön viel für ein Buch
In „Freakshow“ geht es um sexuelle Ausbeutung, um Sektenwesen und die damit verbundene Restriktion Jugendlicher, um Kindesmissbrauch und organisiertes Verbrechen. Ganz schön viel für ein Buch. Nicht für dieses: Von der ersten bis zur letzten Seite ein intelligenter Genuss, ein Anstoß zum Nachdenken, Einblick gewährend in Gebiete, die uns zumeist verschlossen bleiben. Denn ich wiederhole hier, was ich schon in meiner Besprechung von „Alles total groovy hier“ behauptet habe: Juretzka weiß, wovon er schreibt.
Lesen!!!
Von Eva Schuster
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Jörg Juretzka ist gelernter Zimmermann und baute Blockhütten in Kanada, bevor er sich aufs Schreiben konzentrierte. Für seine Krimis um den Privatdetektiv Kristof Kryszinski wurde er bereits dreimal mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet, außerdem erhielt er den Literaturpreis des Ruhrgebiets.
Mehr über Jörg Juretzka bei Wikipedia.
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