Tišma, Aleksandar: Die Schule der Gottlosigkeit
Kurzkritik – Was meinen Sie? – Ausführliche Besprechung – Infos
Erzählungen
Aus dem Serbokroatischen von Barbara Antkowiak
Hanser, dtv (1995)
(1978)
Inhalt:
In Extremsitauationen zeigt sich die Natur des Menschen unverhüllt. Deshalb sind diese Geschichten aus dem Krieg über Menschen am Rande des Abgrunds so aufschlußreich für das menschliche Verhalten. (Pressetext)
Kurzkritik:
Aleksandar Tišma war ein schrecklicher Schriftsteller. Seine Prosa ist so gnadenlos, hart und unbarmherzig wie der Krieg, den der Autor miterlebt hat, und seine Folgen. Das Schlimme: Tišma erfindet nicht, er beschreibt bloß kühl und nüchtern, was war oder was aller Wahrscheinlichkeit nach gewesen sein könnte.
Werner gibt (4,5 von 5 Eselsohren)
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Unbarmherzig
Aleksandar Tišma war ein schrecklicher Schriftsteller. Seine Prosa ist so gnadenlos, hart und unbarmherzig wie der Krieg, den der Autor miterlebt hat, und seine Folgen. Das Schlimme: Tišma erfindet nicht, er beschreibt bloß kühl und nüchtern, was war oder was aller Wahrscheinlichkeit nach gewesen sein könnte.
In der “Schule der Gottlosigkeit” sind es Extremsituationen, in die Menschen “geraten” sind: Ein Mann auf der Flucht mit falschem Pass, der versucht, ein anderer als er selbst zu sein; aber wie soll er als ein anderer lieben? – Ein Vater, der es nicht übers Herz bringt, Hand an seine Familie und an sich selbst zu legen; am nächsten Morgen wird man sie in ein Vernichtungslager deportieren. – Ein Mann bekommt eine größere Wohnung zugewiesen, deren Mieterin ihm einst geholfen hat, als er im Widerstand war, und die jetzt vor seinen Augen zwangsweise umgesiedelt wird.
“Ich danke dir, Gott! Es gibt dich nicht.”
Und: Ein Folterer, dessen Kind im Sterben liegt. Nachdem er einen Menschen zu Tode gequält hat, erfährt er, dass es seinem Sohn besser geht.
In einem übermächtigen Gefühl, einer Mischung aus Rührung und Verzweiflung, wandte sich Dulcis zur Tür, verschloss sie, kehrte zurück, fiel auf die Knie, faltete die Hände, hob den Blick zur Decke und rief laut, befreit: “Ich danke dir, Gott! Es gibt dich nicht, Gott! Nein, es gibt dich wirklich nicht. Ich danke dir!”
Warum man so etwas liest, lesen sollte? Vielleicht weil Tišma einige Aspekte unser aller Geschichte beleuchtet, die sonst gerne im Dunklen belassen oder von einer der eigenen Sache zweckdienlichen Seite betrachtet werden oder von einem abstrakten Standpunkt aus. Bei Tišma aber gibt es keine Abstraktionen, nur Schuld und manchmal Unschuld, aber immer Sühne.
Von Werner Schuster
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Aleksandar Tišma wurde 1924 im ehemaligen Jugoslawien geboren. 1942 siedelte er nach Bukarest über, um den Massenverhaftungen zu entgehen, die sich im besetzten Teil Jugoslawiens mehrten. 1944 wurde er zur Zwangsarbeit nach Transsylvanien eingezogen. Nach dem Krieg arbeitete Tisma als Journalist und Verlagslektor und lebt heute in Novi Sad und Frankreich. Er publizierte Gedichte, Erzählungen, Romane und Theaterstücke, die in viele Sprachen übersetzt und mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet wurden; zuletzt mit dem Österreichischen Staatspreis für Literatur und dem Leipziger Buchpreis.
Über Aleksandar Tišma bei Wikipedia.
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