Nachlese: Alt, aber gut #2
Liebe LeserInnen,
bei der Eselsohren-Nachlese sind diesmal Werke aus der Kategorie Alt, aber gut dran:
> Aldous Huxley: Island
> John Fowles: Der Sammler
> Max Frisch: Mein Name sei Gantenbein
Aldous Huxley: Island
Roman, SF
Piper
(1962)
Inhalt:
Kurzkritik:
Aldous Huxleys Anti-Utopie “Brave New World” wird ja immer noch gerne gelesen und diskutiert, aber das positive Gegenstück “Eiland” scheint etwas in Vergessenheit geraten zu sein. Das ist schade und deshalb sei hier daran erinnert.
Werner gibt (4,5 von 5 Eselsohren)
Zur ausführlichen Besprechung: Karuna
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– in einer Buchhandlung in Ihrer Nähe
– bei Amazon & buch.de
John Fowles: Der Sammler
Roman
List
(1963)
Inhalt:
Neue Rezensionen
Kurzkritik:
Wir hatten in Österreich vor knapp einem Jahr den “Fall Kampusch”: Die zehnjährige Natascha war von Wolfgang Priklopil entführt und festgehalten worden und konnte ihm nach acht Jahren schließlich entkommen. Wer Fowles’ “The Collector” kannte, hätte meinen können, Priklopil hätte das Buch kopiert. Wer das Buch jetzt liest, könnte den Eindruck bekommen, hier hätte ein Autor die Realität abgeschrieben und bloß den Schluss geändert.
Aber “The Collector” ist 1963 erschienen. Im ersten Teil schildert Entführer Frederick Clegg, warum und wie er Miranda Grey entführt und eingesperrt hält, im zweiten ist das Tagebuch Mirandas zu lesen, im kurzen dritten stirbt sie und Frederick überlegt, ob er Selbstmord begehen soll. Und dann sucht er sich ein neues Mädchen aus.
Besitzansprüche
Es ist nicht nur wegen des Inhalts ein unangenehmes Buch: Fowles lässt seine beiden Figuren direkt sprechen, schiebt sich oder jemand anderen also nicht als Instanz dazwischen. Die Leser machen sich alles mit den Figuren selbst aus. Außerdem sieht sich Frederick als Liebender, der von Miranda bloß wieder geliebt werden möchte. Das ist, wenn man an Brian Masters’ Buch “Kiling for Company” über den Serienmörder Dennis Nilsen denkt, nicht unwahrscheinlich und macht “The Collector” noch schrecklicher.
Außerdem könnten die LeserInnen versucht sein, über ihre Besitzansprüche in ihren Beziehungen nachzudenken. Mir zumindest ist es so ergangen.
Werner gibt (4,5 von 5 Eselsohren)
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Max Frisch: Mein Name sei Gantenbein
Roman
Suhrkamp
(1964)
Inhalt:
News, Storys & Meinungen
Kurzkritik:
Max Frisch’ gern zitierter Satz “Es ist nicht Zeit für Ichgeschichten” wird – wie so oft – verkürzt wiedergegeben; “vollständig” lautet er: “Manchmal scheint mir auch, dass jedes Buch, so es sich nicht befasst mit der Verhinderung des Krieges, mit der Schaffung einer besseren Gesellschaft und so weiter, sinnlos ist, müßig, unverantwortlich, langweilig, nicht wert, dass man es liest, unstatthaft. Es ist nicht Zeit für Ichgeschichten. Und doch vollzieht sich das menschliche Leben oder verfehlt sich am einzelnen Ich, nirgends sonst.”
Dieser Satz steht in der Mitte von “Mein Name ist Gantenbein”, einem Vexierbild von einem Roman, in welchem Frisch – wie so oft in seinem Werk – die Frage stellt, wie Gewissheit über die eigene Identität möglich wäre; anders gesagt: “Wer bin ich?”
Vorgetäuschte Blindheit
In unserem Fall wurde ein namenloser Erzähler von der von ihm geliebten Lila verlassen. “Ein Mann hat eine Erfahrung gemacht, jetzt sucht er die Geschichte seiner Erfahrung”, und zwar, indem er drei verschiedene Ichs die Beziehung mit Lila durchleben lässt. Eine zentrale Rolle nimmt dabei vorgetäuschte Blindheit ein, eine Versuchsanordnung, die dem “Blinden” die Möglichkeit gibt, andere zu beobachten, ohne dass sie es wissen.
Und erhält der Erzähler danach Gewissheit? – “Das Erwachen (als wäre alles nicht geschehen!) erweist sich als Trug: es ist immer etwas geschehen, aber anders.” – Ein Roman (und ein Autor) zum Beispiel für Menschen, die an den vielen Bescheid-Wissern zweifeln.
Werner gibt (4,5 von 5 Eselsohren)
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- von: red
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