Taylor, Sam: Die Republik der Bäume
Kurzkritik – Was meinen Sie? – Ausführliche Besprechung – Infos
Roman
Deutsch von Lutz-W. Wolff
Taschenbuch: dtv, 2008
(“The Republic of Trees”, Faber and Faber, 2005)
Inhalt:
Die Geschichte beginnt wie ein Märchen: Mitten im Sommer im Süden von Frankreich laufen vier Kinder davon und verstecken sich in den endlosen Wäldern. Wie ein kühler Fluss vergehen die Tage, und die wildesten Träume scheinen sich zu erfüllen. Michael steigt in die Bäume; Alex geht auf die Jagd; Louis plant eine Revolution; Michael und Isobel verlieben sich zärtlich. Doch dann erscheint Joy, und ihre Ankunft wirft einen Schatten auf die Idylle. Eifersucht, Rivalität und Machtkämpfe werden erkennbar. Und während die Hitze des Sommers in den Wäldern brütet, steigern sich die Handlungen und Gefühle zu einem unvergesslichen, schrecklichen Höhepunkt. (Pressetext)
Kurzkritik:
Taylor lässt sein Jugend-Paradies zu einem Ort des Schreckens werden. Ich würde zwar auch gerne einmal von einem geglückten Leben ohne Erwachsene lesen (– gibt es so etwas? Bitte posten!), aber das ist keine Kritik an der berührend und packend und mit folgerichtiger Dramaturgie geschrieben “Republik der Bäume”.
Werner gibt (4 von 5 Eselsohren)
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Pubertät ohne Erwachsene
Goldings Herr der Fliegen hat eine ernst zu nehmende Konkurrenz bekommen, würde ich schreiben, wenn ich einer von den lautstark vereinfachenden Journalisten wäre. Und natürlich liegt ein Vergleich der beiden Bücher nahe, verschlägt es doch hier wie da Kinder ohne Erwachsene in die Natur und in beiden Fällen übernehmen die Herrschsüchtigen die Macht.
Allerdings wollte Golding meiner Meinung nach eine Parabel über das angeborene Böse im Menschen schreiben, während Taylor eher von einer Pubertät ohne Erwachsene berichtet. Die Geschwisterpaare Michael und Louis sowie Isobel und Alex schleichen sich von den Erziehungsberechtigten davon und wollen gemeinsam einen Sommer in der unberührten Natur verbringen.
Idylle
Anfangs geht es ziemlich idyllisch zu: Sie machen ein verfallenes Haus bewohnbar, der verträumte Erzähler Michael und die manipulative Isobel verlieben sich und machen (erste) sexuelle Erfahrungen, während der zupackende Alex und das “stille Wasser” Louis auf die Jagd gehen und ihre jugendliche Homoerotik ausleben.
Schreckensort
Doch dann beginnt Louis, seine von Rousseau inspirierten Revolutionsphantasien in die Tat umzusetzen und zwischen Michael und Isobel beginnen die ersten Streiterein. Schließlich taucht das Mädchen Joy auf und kann unter Louis’ Regime ihre sadistischen Neigungen an Isobel ausprobieren, die vor dieser “Revolution” in die Welt der Erwachsenen flüchten wollte und umerzogen werden soll.
Taylor lässt sein Jugend-Paradies zu einem Ort des Schreckens werden. Ich würde zwar auch gerne einmal von einem geglückten Leben ohne Erwachsene lesen (– gibt es so etwas? Bitte posten!), aber das ist keine Kritik an der berührend und packend und mit folgerichtiger Dramaturgie geschrieben “Republik der Bäume”, die auch ohne einen Vergleich mit dem “Herr der Fliegen” empfehlenswert ist.
Von Werner Schuster
Über Sam Taylor bei dtv.
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