Verlagsgeschichte Ullstein
Nach großen Erfolgen im Zeitungsgeschäft gründet die Familie Ullstein am 1. September 1903 den Ullstein Buchverlag in Berlin. Man will „Großes, Bleibendes“ schaffen und bedient von Anfang an das gesamte Programmspektrum von der leichten Unterhaltung bis zum seriösen Sachbuch. Zum Programmverantwortlichen wird Emil Herz bestellt, der nach über dreißig Jahren erfolgreicher Tätigkeit 1934 von den Nazis entlassen wird. Erste Erfolge sind die von 1908 bis1910 herausgebrachte 6-bändige Ullstein Weltgeschichte, aber auch schon Biografien und Unterhaltungsromane. 1910 sorgt die erste Billigpreis-Buchreihe „Rote Ullstein-Bücher“ für je eine Mark für Aufsehen.
Nach Gründung des Propyläen Verlags 1919 und des Theaterverlags Arkadia 1924 steigt Ullstein zum führenden deutschen Buchverlag auf. Autoren wie Bertolt Brecht, Carl Zuckmayer, Lion Feuchtwanger, Ödön von Horvath, Gerhart Hauptmann und Heinrich Mann werden gewonnen. 1928/29 kann der Verlag zwei Welterfolge landen, Erich Maria Remarques „Im Westen nichts Neues“, von dem allein im ersten Jahr über eine Million Exemplare abgesetzt werden, und Vicki Baums Roman „Menschen im Hotel“, ebenfalls ein internationaler Millionenerfolg.
1934 werden die Ullsteins vom NS-Staat gezwungen, ihr Unternehmen zu verkaufen. Die Familie emigriert später. Der Verlag wird 1937 dem nationalsozialistischen Eher-Verlag einverleibt und in „Deutscher Verlag“ umbenannt. Die Bemühungen der Familie Ullstein, nach dem Krieg ihr Unternehmen zurückzubekommen und an alte Erfolge anzuknüpfen, gestalten sich schwierig. Dependancen entstehen in Wien, Berlin und Frankfurt am Main. 1952 werden sie zusammengeführt, ein Jahr später nimmt in Frankfurt der Ullstein Taschenbuchverlag die Produktion auf. Große Erfolge dieser Jahre sind Thor Heyerdahls „Kontiki“, Heinrich Harrers „Sieben Jahre in Tibet“ und Fran√ßoise Sagans Roman „Bonjour Tristesse“.
1959 erwirbt der Zeitungsverleger Axel Springer mit den Ullstein-Zeitungen auch den Ullstein Buchverlag und Propyläen. Vier Jahre lang, von 1959 bis 1963, leitet Albrecht Knaus, der später einen eigenen Verlag gründet, den Ullstein Verlag, der mittlerweile großenteils in Darmstadt residiert. Knaus erwirbt die Gesamtrechte am Werk Gerhart Hauptmanns, begründet die Erfolgsgeschichte von Christine Brückner bei Ullstein und erwirbt lukrative Lizenzen, etwa des amerikanischen Erfolgsautors Arthur Hailey.
1963 tritt Wolf Jobst Siedler die Nachfolge von Knaus als verlegerischer Geschäftsführer der Verlage Ullstein und Propyläen an. Er leitet die Verlage bis 1979 und führt sie zu einer zweiten Blütezeit. Mitte der 60er Jahre holt Springer Ullstein an seinen Berliner Stammsitz zurück und gibt die Standorte in Darmstadt und Frankfurt auf. Der Verlag feiert mit deutscher und amerikanischer Unterhaltungsliteratur Erfolge, das Ullstein Taschenbuch expandiert und wird zeitweise zu einer der erfolgreichsten TB-Marken in Deutschland.
Nach Siedlers Weggang erleben die Ullstein Buchverlage eine wechselvolle Periode mit großen Erfolgen, aber auch viel Schatten. Während der Verbindung mit dem Münchener Verleger Herbert Fleissner und seiner Langen-Müller-Verlagsgruppe (1985-1995) schaden heftig umstrittene zeitgeschichtliche Publikationen dem Ruf des Hauses. Schließlich wird diese Verbindung gelöst, und der Ullstein Verlag zieht unter der Leitung von Christian Strasser nach München. Im Jahre 2003 verkauft Springer die Buchverlage an das schwedische Medienunternehmen Bonnier. An die Spitze tritt Viktor Niemann, Chef der deutschen Bonnier-Verlage, der bereits in den 80er Jahren für einige Zeit die Geschäfte der Ullstein Verlage geführt hatte. Niemann holt Ullstein an seinen Berliner Stammsitz zurück und gründet dort 2004 die Ullstein Buchverlage GmbH. Bewusst will er an die große Tradition des Ullstein Verlages anknüpfen und ihn samt seinen Schwesterverlagen in die erste Reihe der großen deutschen Publikumsverlage zurückführen.
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