Wegelagerer
Kurzkritik – Was meinen Sie? – Ausführliche Besprechung – Infos
Die besten Storys der „Spiegel“-Reporter von 1990 bis 2007
Reportagen
Erschienen 2009 bei Eichborn.
Inhalt:
Minutiös recherchiert, originell erzählt: Reportagen aus dem »Spiegel« Was einen guten Reporter ausmacht? Zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, die unerzählte Geschichte zu finden und sie so aufzuschreiben, als wäre der Leser dabei gewesen. (Pressetext)
Kurzkritik:
Falls es jemandem aufgefallen ist, dass ich den Journalismus für tot erklärt habe, so muss ich hiermit Abbitte leisten: Die in diesem Buch versammelten „Spiegel“-Reportagen sind aktueller, guter, alter Journalismus.
Werner gibt (4,5 von 5 Eselsohren)
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Bestens informiert, niveauvoll unterhalten
Falls es jemandem aufgefallen ist, dass ich den Journalismus für tot erklärt habe, so muss ich hiermit Abbitte leisten: Die in diesem Buch versammelten „Spiegel“-Reportagen sind aktueller, guter, alter Journalismus.
Laut Wikipedia erzählen ReporterInnen aus der Perspektive von AugenzeugenInnen. Durch deren Sicht soll den RezipientenInnen das Miterleben der beschriebenen Ereignisse ermöglicht werden.
Michael Haller ergänzt (in seinem Standardwerk „Die Reportage“): „Das journalistische Realitätsprinzip besagt, dass die zur Zeit anzutreffenden Verhältnisse gestalterisch ausgeschöpft, aber nicht entstellt werden dürfen.“
Zeitlos
Dazu weiter der „Wegelagerer“-Herausgeber Cordt Schnibben: „Die besten Reportagen sind zeitlos, sie lassen Zeit gerinnen und sich – mit Abstand – betrachten wie ein in einer Glaskugel gefangener Augenblick.“
Genau so sind, genau das tun die 28 Texte. Wir können nicht nur nachlesen, was uns in – bis auf zwei Ausnahmen – diesem Jahrtausend bewegt hat, diese historischen Wegmarken sind außerdem stets in größeren Zusammenhängen gesehen – und umwerfend beschrieben.
Abgesehen davon, dass meine Kolumne über Michael Jackson (siehe hier) durch „Nimmerland ist abgebrannt“ von Lothar Gorris (2005) eine Art Unterfütterung erhält, – das Gustostück dieser Sammlung ist für mich eindeutig Schnibbens „Ich bin das Volk“ (1990).
Grundlegend
Wie er hier die bornierte und saturierte Blindheit der DDR-Politbüro-Mitglieder gegenüber der Wende aufrollt, grenzt an eine – fast 50 Seiten starke und keine Zeile langweilige – Realsatire: komisch, tragisch und erschreckend. Honecker & Co werden nicht die einzigen Mächtigen (gewesen) sein, welche die Zeichen einer historischen Umwälzungen nicht mitbekommen (haben).
Ansonsten erfahren wir (oder frischen auf) Grundlegendes über Ché, Muhammad Ali, deutsche Auswanderer und den Tsunami, die Auswirkungen des Klimawandels am Nordpol, Gentechnik-Datenbanken in Island, den Produzenten des „Contergan“-Film, einen Buchhalter von Auschwitz, Gunatanamo und vieles, auf das mit einem Schlagwort allein nicht hinreichend hingewiesen werden könnte.
Wie diese Reportagen überhaupt das, was wir – z.B. wegen Wikipedia – zu wissen glauben, mit nachvollziehbaren Fakten untermauern oder auch Lügen strafen. Nein-nein, der Journalismus ist nicht tot, ist nicht bloß Werbeumfeld und PR geworden, man muss allerdings wissen, wo man ihn noch finden kann.
Von Werner Schuster
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Über den „Spiegel“ bei Wikipedia.
Mehr bei den Eselsohren
- von: Werner
- was: Alles andere – AutorInnen S – Journalismus ist (nicht) tot
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