Ich verachte sie nicht
Liebe LeserInnen,
einige Leute sind ja der Ansicht, wir hier wären so richtige Journalisten. D.h. wir wären geborene (oder gewordene) Zyniker und grundsätzlich faule Säcke, die von der Arbeit anderer leben und diese (die Arbeit und die anderen) auch noch schlecht machen.
Dem muss ich widersprechen. Ich bin schon deshalb kein richtiger Journalist, weil ich meine Texte pünktlich abgebe. Außerdem habe ich als Musikkritiker (und als Redakteur) aufgehört, eben weil ich nicht zum Zyniker werden wollte.
Ich bin ein Dinosauerier
Und allmählich komme ich mir wie ein Dinosauerier vor (d.i.: kurz vor dem Aussterben). Weil Journalismus von PR kaum noch zu unterscheiden ist. Und weil ich ein Anhänger des guten alten Journalismus bin, bei dem zuerst die Kontrollfunktion wahrgenommen wurde und dann das Marketing und das Entertainment kam. (– Siehe auch hier.)
Yes, we do!
Dies hat mit den Eselsohren insofern zu tun, als ich mir nicht unterstellen lassen will, ich würde hier so arbeiten, wie man es Journalisten im Allgemeinen vorwirft.
Ja, wir lesen unsere Bücher wirklich. Hier erscheinen keine Besprechungen von nicht gelesenen Büchern, nicht einmal von quergelesenen.
Ich bin korrupt
Und ich mache das hier zum Teil, weil ich mir meine Freude an meinem Job erhalten möchte. Den Großteil meiner sonstigen Jobs erledige ich des Geldes wegen und bin insofern korrupt dabei, als einige dieser Jobs meinen idealistischen Vorstellungen von meinem Beruf widersprechen.
Ich bin ein guter Mensch
Vor allem aber will ich mit den Eselsohren die Freude vermitteln, die ich grundsätzlich mit Büchern habe. Und wenn ich negativ kritisiere, dann, weil mir diese Freude verdorben worden ist.
Ohne Aussicht auf Erträge
Deswegen verachte ich aber keine/n Autor/in (wie mir manchmal direkt oder indirekt vorgeworfen wird). Ganz im Gegenteil habe ich eine große Achtung vor Menschen, die den weiten Weg von einer Idee zu einem (kreativen) Werk gehen. Das ist eine Heidenarbeit, die oft ohne Aussicht auf Erträge verrichtet wird, und wenn, dann in der Regel auf geringe.
Der Bücherschnupperer
Und während ich nach acht Jahren als Musikkritiker lange Zeit keinen „Ernste“-Musik-Tempel mehr betreten konnte, so müssten Sie mir einmal zusehen, wenn eine Bücherlieferung kommt. Ich freue mich jedes Mal. Immer noch.
Und ich kann mir nicht vorstellen, warum sich dies jemals ändern sollte.
Werner Schuster
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- von: Werner
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